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Wahltarife der Krankenkassen: Darauf müssen Sie achten

Stand:
Seit der Gesundheitsreform 2007 müssen die gesetzlichen Krankenkassen Wahltarife anbieten. Darin sind Leistungen enthalten, die über die reine Pflichtversicherung hinausgehen.
Mann überreicht in Arztpraxis seine Versicherungskarte

Das Wichtigste in Kürze:

  • Es gibt zweierlei Arten von Wahltarifen: Die, die Krankenkassen verpflichtend anbieten müssen, und solche, die sie freiwillig anbieten können.
  • Zu den verpflichtenden Tarifen gehört neben den besonderen Versorgungsformen auch ein Wahltarif Krankengeld für Selbstständige.
  • Vorteil von Wahltarifen: Sie können Versorgungsleistungen umfassen, die sonst nicht von den Krankenkassen bezahlt werden, oder die besondere Qualitätsvorgaben erfüllen.
  • Nachteil von Wahltarifen: Sie binden sich damit für ein bis drei Jahre an Ihre Krankenkasse und gehen unter Umständen ein finanzielles Risiko ein.
  • Für Sie als Versicherte ist das Angebot immer freiwillig.
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Wahltarife für besondere Versorgungsformen

Krankenkassen sind seit der Gesundheitsreform 2007 verpflichtet, Ihnen Wahltarife für besondere Versorgungsformen anzubieten, wie z.B. das Hausarztmodell oder strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke. Entscheiden Sie sich für diesen Tarif, zahlen viele Krankenkassen eine Prämie oder locken mit Zuzahlungsermäßigungen.

Das Hausarztmodell

Bei diesem Tarif verpflichten Sie sich, im Krankheitsfall immer zuerst Ihren  Hausarzt aufzusuchen. Tipp: Sie sollten vorher klären, ob er  an dem Modell teilnimmt. Der Hausarzt übernimmt eine Art Lotsenrolle. Er überweist Sie bei Bedarf an eine Fachpraxis und behält die gesamte Behandlung im Blick.

Vorteile:

  • Als Bonus kann Ihre Krankenkasse eine Geldprämie zahlen oder Sie von Zuzahlungen befreien.
  • Ärztinnen und Ärzte bieten teilweise Extras an, z.B. besondere Sprechstundenzeiten.

Nachteile:

  • Sie können Fachärztinnen oder Fachärzte nicht frei wählen. Sie brauchen dafür eine Überweisung des Hausarztes.  
  • Ausnahme: Lediglich bei Augenärzten, Frauenärzten und Kinderärzten brauchen Sie keine Überweisung

Üblicherweise binden Sie sich bei diesem Modell für mindestens ein Jahr an Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin. In dieser Zeit dürfen Sie nur wechseln, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, z.B. wenn Sie in einen anderen Ort umziehen, die Praxis schließt oder das Vertrauensverhältnis gestört ist. Sie können Ihre Teilnahmeerklärung am Hausarztmodell innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich ohne Begründung widerrufen.

Strukturierte Behandlungsprogramme

Dies sind spezielle Behandlungsprogramme für Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie beispielsweise Diabetes oder Asthma. Krankenkassen und Ärzte weisen in der Regel auf diese Angebote hin. Sie können sich bei Arztpraxen, die an den Angeboten teilnehmen, in die so genannten Disease-Management-Programme (DMP) einschreiben. Sie bieten Ihnen eine speziell koordinierte Versorgung mit anderen Praxen und Kliniken. Alle beteiligten Mediziner:innen müssen sich zusätzlich weiterbilden und Sie nach festgelegten Standards behandeln.

Gut zu wissen: Entscheiden Sie sich für die Teilnahme, verpflichten Sie sich unter anderem, regelmäßig Schulungen zu besuchen und an Kontrolluntersuchungen teilzunehmen. Für Diabetiker:innen gehört z.B. eine Ernährungsberatung dazu. Als finanziellen Anreiz können Sie eine Prämie oder einen anderen Bonus bekommen.

Wollen Sie sich einschreiben möchte, informieren Sie sich zuvor ausführlich über das Programm sowie darüber, wie die Daten erhoben, verarbeitet und genutzt werden.

Wahltarif "Integrierte Versorgung"

Dabei handelt es um Einzelverträge zwischen Krankenkassen und einzelnen Anbietern medizinischer Leistungen oder auch Gruppen von Anbietern. Teilweise sind die Verträge auf einen bestimmten Personenkreis, zum Beispiel Diabetes-Patienten, begrenzt. Gerade wenn Sie chronisch krank sind, sollten Sie sich die Angebotsdetails genau ansehen und vergleichen, bevor Sie sich entscheiden. Achten Sie darauf, welche Facharztgruppen daran beteiligt sind, ob Zuzahlungen anfallen und wie hoch diese sind.

Andere Verträge können besondere Leistungen beinhalten, zum Beispiel günstigen Zahnersatz, homöopathische Behandlung oder alternative Arzneimittel. Die Details zur Bindung an bestimmte Leistungserbringer und die Zeitdauer regeln die Teilnahmebedingungen.

Bevor Sie sich für einen dieser Wahltarife entscheiden, muss die Krankenkasse Sie umfassend informieren - sowohl über die enthaltenen Leistungen als auch über die beteiligten Praxen und Kliniken. Grundsätzlich gilt: Die Teilnahme ist freiwillig - auch für chronisch Kranke. Die Erklärung zur Teilnahme können Sie innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen schriftlich widerrufen.

Wahltarif für Arzneimittel besonderer Therapierichtungen

Interessieren Sie sich  für alternative Heilmethoden und möchten Sie die Kosten für nicht verschreibungspflichtige homöopathische, anthroposophische oder phytotherapeutische (pflanzliche) Arzneimittel begrenzen, dann kann dieser Tarif das Richtige sein.

Die Erweiterung des Leistungsumfangs bedeutet zusätzliche Kosten. Stellen Sie den höheren Beitrag daher den zusätzlichen Leistungen gegenüber. Entscheiden Sie sich für diesen Tarif, beachten Sie bitte, dass die Krankenkassen in der Regel nicht alle anfallenden Kosten übernehmen. In aller Regel gibt es eine jährliche Höchstgrenze, z.B. 100 Euro bis zu der Kosten erstattet werden.

Sie sollten deshalb darauf achten, von welchen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Krankenkasse die Kosten übernimmt und wer die Medikamente verordnen darf.

Gut zu wissen: Einige Krankenkassen übernehmen Leistungen dieser Art ohne Aufpreis als Satzungsleistungen.

Wahltarif Krankengeld

Alle Krankenkassen müssen einen Wahltarif "Krankengeld" für freiwillig hauptberuflich Selbstständige, Freiberufler und unständig Beschäftigte anbieten. Sie zahlen monatlich einen höheren Beitrag Im Krankheitsfall sind Sie dann finanziell abgesichert.

Im Gegensatz zu anderen Wahltarifen haben Sie hier kein Sonderkündigungsrecht, wenn die Kasse einen Zusatzbeitrag erhebt oder erhöht. Neben einem Wahltarif Krankengeld können Sie als Selbstständige:r außerdem eine Wahlerklärung für gesetzliches Krankengeld abgeben. Der Krankenkassenbeitrag erhöht sich dadurch nicht.

Wahltarife für besondere Beitragsregelungen

Seit der Gesundheitsreform von 2007 können Krankenkassen Ihnen Wahltarife für besondere Beitragsregelungen anbieten. Dazu gehören Beitragsrückerstattungen oder der Selbstbehalttarif. Wahltarife mit finanziellen Vorteilen richten sich eher an gesunde Versicherte, die keine Leistungen in Anspruch nehmen.

Beitragsrückerstattung

Beitragsrückerstattungen sind Tarife, bei denen Sie einen Teil ihrer Beiträge von der Kasse erstattet bekommen. Voraussetzung: Sie oder ein volljähriges mitversichertes Familienmitglied haben über einen längeren Zeitraum keine Leistungen in Anspruch genommen. Dann bekommen Sie maximal einen Monatsbeitrag pro Jahr zurück. Davon unberührt bleiben Vorsorgeuntersuchungen, bestimmte Schutzimpfungen und meistens Arztbesuche, bei denen nichts verordnet wird.

Vorteil: Sie gehen kein finanzielles Risiko ein, da die Kasse bei einer Erkrankung weiterhin die Kosten trägt.

Nachtteile: Sie binden sich ein Jahr an die Kasse. Zudem werden Sie unter Umständen dazu verleitet, mit Beschwerden nicht rechtzeitig zum Arzt zu gehen, um die Prämie am Jahresende zu bekommen. Dies kann im schlimmsten Fall zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder einer Verschleppung von Krankheiten führen.

Daher vergleichen Sie gut: Es gibt von Kasse zu Kasse Unterschiede bei den Leistungen, die Sie in Anspruch nehmen können, ohne die Prämie zu verlieren. Schauen Sie in die Tarifbedingungen. Sie finden sie in der Regel in der Satzung der Kassen. Die Satzung wiederum können Sie schriftlich direkt von der Kasse anfordern oder im Internetauftritt aufrufen.

Selbstbehalttarif

Diese Variante ähnelt auf den ersten Blick den Tarifen mit einer Beitragsrückerstattung. Auch hier können Sie einen Bonus bekommen, wenn Sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine oder wenige Leistungen beansprucht  und der Krankenkasse dadurch weniger Kosten verursacht haben.

Nachteile dieses Tarifs:

  • Sie erkaufen sich diesen Bonus von maximal 600 Euro im Jahr, indem sie das Risiko eingehen, Behandlungskosten im Krankheitsfall bis zu einer bestimmten Höhe, eben dem festgelegten Selbstbehalt, selbst zu übernehmen. Häufig ist die Höhe der möglichen Prämie je nach Kasse an Ihr Einkommen gebunden. Je höher das Einkommen, desto höher auch die Prämie und der Selbstbehalt.
  • Sie binden sich für drei Jahre an den Tarif und die Kasse.
  • Selbstbehalttarife beziehen sich nur auf Sie als Mitglied. Familienversicherte können Sie nicht mit einbeziehen.
  • Der Selbstbehalt kann bei bestimmten Angeboten auf spezielle Leistungen - etwa für Kuren oder Zahnersatz - beschränkt werden.

Wie Sie an den Kosten der medizinischen Versorgung beteiligt werden, ist unterschiedlich. Teils werden die tatsächlich angefallenen Kosten auf den Selbstbehalt angerechnet, teilweise Pauschalen. Es kann aber auch sein, dass die Prämie mit der ersten Inanspruchnahmen komplett verfällt.

Achtung: Seien Sie vorsichtig, wenn Ihnen die Krankenkasse einen Tarif anbietet, bei dem Sie einen prozentualen Anteil an den Behandlungskosten selbst tragen müssen.  Sie sollten solch einen Tarif auf keinen Fall wählen. Er birgt ein großes finanzielles Risiko. Wahltarife mit finanziellen Vorteilen richten sich daher eher an gesunde Versicherte, die keine Leistungen in Anspruch nehmen.

Kombination von Beitragsrückerstattung und Selbstbehalt

Einzelne Krankenkassen bieten auch unterschiedliche Kombinationen der beiden Tarife an. Dadurch ist ein Bonus von bis zu 900 Euro im Jahr möglich. Allerdings bündeln diese Tarife auch alle dargestellten Risiken. Den maximalen Betrag erzielen Sie in der Regel nur, wenn Sie sehr gut verdienen und gesund sind.

Es gibt auch kombinierte Tarife ohne finanzielle Prämie. Dann können Sie bestimmte zusätzliche Angebote zur Vorsorge- und Prävention nutzen, wie etwa Ernährungs- und Entspannungskurse. Auch eine Kombination mit einer Auslandsreisekrankenversicherung ist eventuell möglich.

Wichtig: Versicherte, deren Krankenkassenbeiträge vollständig von Dritten getragen werden, also etwa Menschen, die Arbeitslosengeld I und II beziehen, können grundsätzlich keinen dieser freiwilligen Tarife auswählen.

Variable Kostenerstattungstarife

Diese Tarife können verschiedene Bereiche der medizinischen Versorgung, wie zum Beispiel ambulante, stationäre oder zahnärztliche Leistungen, einschließen. Dabei rechnet Ihr Arzt oder Ihre Ärztin direkt mit Ihnen ab, wie bei Privatpatienten: Sie müssen also die Rechnung zunächst selbst zahlen, bevor Sie sie bei Ihrer Krankenkasse zur Kostenerstattung einreichen. Außerdem dürfen die Ärzte mehr Geld für ihre Leistung verlangen, weil hier die Vergütungsregelung für Privatpatienten greift und nicht die für Kassenpatienten.  Wie viel Geld sie dann tatsächlich wiederbekommen, hängt von den Vertragsbedingungen ab.

Es gibt Obergrenzen, bis zu denen die Krankenkasse die Kosten für bestimmte Behandlungen übernimmt. In der Regel werden Sie einen erheblichen Teil der Kosten aus der eigenen Tasche übernehmen müssen, deshalb ist bei allen Tarifen zur Kostenerstattung Vorsicht geboten!

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