- VR Bank Ludwigsburg lehnte Prüfung der Erstattungsforderung ab, solange Verbraucher:innen nicht selbst den „exakten Betrag“ in „Eigenrecherche“ ermitteln und in einem „weiteren Schreiben“ geltend machen – obwohl Banken nach dem Gesetz zur Auskunft verpflichtet sind
- Volksbank Welzheim kündigte Konto, weil Verbraucher Rückerstattungsanspruch geltend gemacht hatte
- Bei den Klagen gegen flatexDegiro und der Sparda-Bank Baden-Württemberg stehen die Verhandlungen noch aus
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat nach aktuellen Niederlagen am LG Stuttgart bezüglich ihrer Unterlassungsklagen gegen die Volksbank Welzheim und die VR-Bank Ludwigsburg jeweils Berufung beim OLG Stuttgart eingelegt.
Banken stellen weiterhin lauterkeitswidrige Hürden auf, wenn es um Rückzahlungsverlangen ihrer Kundinnen und Kunden aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 27.04.2021 geht (BGH XI ZR 26/20). Im Interesse der Verbraucher:innen an einer einfachen Durchsetzung ihrer vom BGH zugesprochenen Rechte beobachtet die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sehr genau, wie die Banken im Einzelfall reagieren.
Am 24.03.2022 wies das Landgericht Stuttgart eine Klage der Verbraucherzentrale gegen die VR Bank Ludwigsburg ab. Die Bank hatte auf Grundlage der vom BGH für rechtswidrig befundenen Klausel Gebühren kassiert und ihre Kunden nach dem Urteil zwar auf einen Rückzahlungsanspruch hingewiesen. Sie hatte dann aber eine Prüfung des Anspruchs unter die Bedingung gestellt, dass der Anspruch zunächst vom Kunden „in Eigenrecherche“ selbst „exakt“ ermittelt und in einem „weiteren Schreiben“ geltend gemacht werden müsse. „Gegen diese nach unserer Auffassung irreführende geschäftliche Handlung ist die Verbraucherzentrale klageweise vorgegangen. Das Landgericht sieht darin jedoch keinen Wettbewerbsverstoß und wies die Klage ab. Dagegen werden wir in Berufung gehen“, sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Für die Hürden, die die Bank aufstellt, gibt es keine Rechtsgrundlage. Im Gegenteil: Nachdem die Bank gesetzlich zur Auskunft verpflichtet ist, hätte sie den Verbraucher nicht auf eine 'Eigenrecherche‘ verweisen dürfen.“ Niels Nauhauser sieht in dem Urteil nicht nur ein fatales Signal an die Branche, sondern darüber hinaus das Risiko zur Nachahmung zu Lasten tausender Verbraucher:innen. Die Verbraucherzentrale hat daher gegen das Urteil Berufung eingelegt.
In einem anderen Verfahren hatte die Volksbank Welzheim einem Kunden zunächst mit Kündigung gedroht und sodann diese auch ausgesprochen, weil der Verbraucher seinen unstreitigen Rechtsanspruch auf Gebührenerstattung geltend gemacht hatte. Der Fall wird nun, nach Abweisung der Klage am 15.02.2022, vor dem OLG Stuttgart verhandelt (Az. 2 U 34/22).
Die Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die flatexDegiro Bank AG wird am 12. April vor dem LG Frankfurt verhandelt (Az 3-06 O 3/22). Der Anbieter behauptete gegenüber seinen Kund:innen, dass Verwahrentgelte „individuell“ vereinbart worden wären, obwohl die Bank die Kostensteigerung im Wege einer formularmäßigen Zustimmungsfiktion eingeführt hatte – also genau auf dem Weg, den der BGH in seinem Urteil vom 27.04.2021 als unzulässig gewertet hatte.
Die Klage gegen die Sparda Bank Baden-Württemberg wird vor dem LG Stuttgart verhandelt (Az. 11 O 482/21). Die Bank setzte Verbraucher:innen unter Druck, indem sie von ihnen verlangte, zwischen der Rückerstattung in Verbindung mit künftig höheren Kontogebühren oder Verzicht auf Erstattung in Verbindung mit Fortsetzung des Kontovertrags zu bisherigen Gebühren zu wählen.
Hintergrund
In den vergangenen Jahren haben viele Banken Kontoführungsgebühren eingeführt oder Gebühren für kostenpflichtige Konten erhöht. Verbraucher:innen konnten sich kaum dagegen wehren, denn in den AGB der Banken waren Klauseln zu Vertragsänderungen und Preiserhöhungen enthalten, die eine Zustimmung regeln sollten: Wer nicht aktiv widersprach, habe stillschweigend zugestimmt. Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.4.2021 wurde klargestellt, dass diese Methode, Verträge auf Basis einer formularvertraglich legitimierten Zustimmungsfiktion zu ändern, rechtswidrig ist. Fast alle Banken haben solche oder ähnliche Klauseln wie die Postbank in ihren AGB verwendet, weshalb das BGH-Urteil auch auf diese Institute Auswirkungen hat. Viele Verbraucher:innen können nun Geld zurückfordern, Banken jedoch reagieren darauf unterschiedlich. Einen Überblick über die laufenden Verfahren und Verhaltensweisen der Banken gibt es auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg unter: www.vz-bw.de/node/68941.