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Kratom – Erhebliches Risiko

Stand:
Keine legale Nahrungsergänzung: Kratom-Pulver kann abhängig machen und gefährliche Nebenwirkungen haben.

Das Wichtigste in Kürze:
Achtung, kann der Gesundheit schaden

  • Als Kratom angeboten wird das Blattpulver des asiatischen Kratom-Baums.
  • Eine Wirkung gegen Schmerzen, Entzündungen oder Depressionen durch Nahrungsergänzungsmittel ist nicht belegt. Arzneimittel oder Medizinprodukte mit Kratom gibt es in Deutschland nicht.
  • In vielen Staaten gehört Kratom zu den zu kontrollierenden Substanzen (ähnlich Drogen).
  • Kratom kann süchtig machen.
  • Es wird von zahlreichen gefährlichen Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen berichtet.
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Was steckt hinter der Werbung?

Kratom, auch Herbal Speed oder Herbal Speedball genannt, sind die pulverisierten Blätter des in Thailand, Malaysia, Indonesien und Papua-Neuguinea wachsenden Kratom-Baums (Roter Sentolbaum, Mitragyna speciosa). Andere Bezeichnungen sind Biak, Ketum, Ithang, Thom, Maeng Da oder Mambog. Die Blätter, aber auch Pulver und Kapseln („natürliches Nahrungsergänzungsmittel“) werden vor allem über das Internet angeboten - im deutschsprachigen Raum oft "nicht für den Konsum", aber mit Verweis auf andere Internetseiten.

Der Verzehr von Kratom-Pulver oder Kratom-Tee bei Durchfall, Entzündungen, Fieber und Schmerzen, aber auch bei Angst und Depressionen wird mit überlieferten Erfahrungen aus der ostasiatischen Volksmedizin begründet. Einige Sorten sollen eine euphorisierende Wirkung haben.

Pharmakolog:innen sehen in Kratom eher ein Rauschmittel oder Betäubungsmittel. In niedrigen Dosen (1-5 Gramm) sollen die Blätter stimulierend wirken (ähnlich Koka), in hohen Dosen (5-15 Gramm) dämpfend und psychoaktiv wie Opioide.

Wissenschaftliche Belege für den Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln (= Lebensmittel) mit Kratom gibt es nicht. Eine behördliche Sicherheits- und Wirksamkeitsprüfung für diese Produkte fehlt, für die Sicherheit ist alleine der Verkäufer bzw. Hersteller verantwortlich. Und wenn der im Nicht-EU-Ausland sitzt... Fraglich ist auch, ob Kratom - wenn es denn eine Lebensmittelzutat wäre - nicht erst eine EU-Zulassung als neuartiges Lebensmittel benötigen würde (siehe Rechtslage). Diverse Anbieter weisen daher ausdrücklich darauf hin, dass ihr Produkt nicht für den Verzehr gedacht ist - um gleichzeitig auf irgendwelche Ratgeberseiten zu verlinken.

Aussagen mit Krankheitsbezug wie beispielsweise "schmerzlindernd" sind für Nahrungsergänzungsmittel verboten.

Wie gefährlich ist Kratom?

  • Laut US-Food and Drug Administration (FDA) gibt es zahlreiche Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen: Verstopfung, Appetitlosigkeit und Leberschäden, Krampfanfälle, Halluzinationen und Verwirrheit. Weltweit wird von zahlreichen Todesfällen in Zusammenhang mit Kratom berichtet, möglicherweise auch in Folge von Wechselwirkungen mit Medikamenten. Es besteht ein Abhängigkeitsrisiko (Suchtrisiko). Ein Todesfall ist auch aus Deutschland bekannt.
     
  • Typische unerwünschte Wirkungen sind grippeähnliche Symptome, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Übelkeit, Erbrechen, Muskelkrämpfe und Schmerzen, verminderter Appetit oder Durchfall, aber auch Angst, Reizbarkeit, depressive Stimmung, Hitzewallungen und Schlafstörungen.
     
  • Das Allergierisiko ist besonders vor dem erstmaligen Gebrauch hoch. Verunreinigungen können zu weiteren allergischen Reaktionen führen.
     
  • Das enthaltene Alkaloid Mitragynin hemmt das Enzym Cytochrom P450, so dass es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten (z.B. MAO-Hemmern) kommen kann. Außerdem sind Auswirkungen auf Cytochrom 2D6 und 1A2, auf UGT-Substrate (UGT1A6) sowie P-gp-Substrate möglich.
     
  • Keinesfalls bei Herzproblemen, insbesondere Tachykardie, nehmen.

Achtung: Kratom in Kombination mit hohen Dosen von Koffein kann zu hohem Blutdruck führen.

Die Kombination mit Alkohol verstärkt eine beruhigende Wirkung bis hin zur Atemnot.

Das Pulver enthält verschiedene Pflanzenalkaloide. Regulierungen oder Standardisierungen gibt es nicht, so dass der Wirkstoffgehalt sehr unterschiedlich und die Wirkung unkontrollierbar sein kann. Auch Verunreinigungen sind möglich. Die FDA hat 2024 in den USA alle verfügbaren wissenschaftlichen Informationen zu diesem Thema ausgewertet und warnt die Verbraucher:innen weiterhin davor, Produkte mit Kratom oder seinen psychoaktiven Verbindungen Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin zu verwenden.

Hinzu kommt, dass immer wieder Kratom-Produkte mit massiver Salmonellenbelastung gefunden wurden. Einige Produkte enthielten auch problematisch hohe Mengen der giftigen Schwermetalle Blei und Nickel.

Wie ist die Rechtslage?

Zunächst einmal ist es fraglich, ob Kratom überhaupt ein Lebensmittel – und Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel wie Brot oder Gemüse – sein kann. Da ein regelmäßiger Verzehr in der EU von Mai 1997 nicht nachgewiesen werden kann, handelt es sich um ein neuartiges Lebensmittel und das Pflanzenpulver müsste zunächst eine Sicherheitsprüfung durch die EU durchlaufen, bevor es als Lebensmittelzutat zugelassen werden könnte. Ein entsprechender Antrag ist bisher nicht erfolgt. Deswegen (unzulässige neuartige Zutat) gab es im Europäischen Schnellwarnsystem RASFF alleine von September bis Oktober 2024 sieben Warnmeldungen dazu.

Mit Blick auf eine mögliche Einstufung als Betäubungsmittel wurde eine Entscheidung der Betäubungsmittelkommission 2010 vertagt. Auf der 51. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Betäubungsmittel 2019 wurde über den Tagesordnungspunkt "Aktueller Sachstand zur Wirkung und Verbreitung von Kratom" lediglich beraten, aber kein Beschluss gefasst. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes erscheint aber die Listung von Kratom als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel geboten.

Im März 2022 hat die Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen in ihrer 28. Sitzung (TOP 13) beschlossen, Kratom als neues Thema für ihre Arbeit aufzunehmen. Vorangegangen war eine Marktuntersuchung durch die deutsche Internetüberwachungstelle G@ZIELT in 2021.

In anderen Ländern (z.B. Schweiz, Australien, Großbritannien, Dänemark, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Schweden, USA) gehört Kratom zu den zu kontrollierenden Substanzen (ähnlich Drogen), ist also kein legales Nahrungsergänzungsmittel. In 2021 wurden alleine in den USA 207.000 Packungen mit Kratom beschlagnahmt. Insgesamt haben mehr als 30 Staaten (darunter Japan, Serbien, Kroatien und Syrien) eigene Gesetze zur Kontrolle des Kratom-Konsums.

Im Heimatland Thailand waren der Besitz und der Konsum seit 1943 verboten. Dort gibt es jetzt seit August 2021 ein eigenes Gesetz zum Gebrauch und zur Kontrolle von Kratom. Es ist nun erlaubt, Kratom anzubauen, die Blätter zu verkaufen und zu konsumieren. Der Verkauf und der Konsum von aus den Blättern hergestellten Konzentraten ist aber weiterhin illegal. Der Verkauf an Personen unter 18 Jahren und Schwangere, online, in Schulen und Parks ist verboten.

 

Quellen:


FDA (2024): FDA and Kratom, Stand: 08.05.2024 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

FDA: Laboratory Analysis of Kratom Products for Heavy Metals, Stand: 03.04.2019 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Li X et al. (2023): An evaluation of adverse drug reactions and outcomes attributed to kratom in the US Food and Drug Administration Adverse Event Reporting System from January 2004 through September 2021. Clinical and Translational Science 16(6): 1002-1011

FDA (2021): FDA Announces Seizure of Adulterated Dietary Supplements Containing Kratom, Stand: 29.10.2021 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Tanna RS et al. (2023). Translating Kratom-Drug Interactions: From Bedside to Bench and Back. Drug Metabolism and Disposition 51(8): 923-935

Hofmeister M (2022): Kratom consumption can be addictive and have adverse health effects. Novelty in Clinical Medicine 1(4): 168-172

Roma K et al. (2023). Kratom-induced acute liver injury: A case study and the importance of herbal supplement regulation. Journal of Hepatology, 79(2): 581-584

MedWatch: Blätter des Kratom-Baums: Gefährlich statt gesund, Stand: 24.02.2024 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

35. Sitzung des Sachverständigenausschusses nach § 1 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) am 03.05.2010 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

51. Sitzung des nach § 1 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und nach § 7 Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) zu hörenden Sachverständigenausschuss am 06.05.2019 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Ergebnisprotokoll zur 28. Sitzung der Gemeinsamen Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen, Kommission zur Einstufung von Borderline-Stoffen, die als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat in den Verkehr gebracht werden, des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, 10.03.2022  (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Anfrage an das BfArM: Aktueller Sachstand zur Wirkung und Verbreitung von Kratom. Stand: 16.04.202  (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Brendler M (2019): Kratom: Nahrungsergänzungsmittel mit lebensgefährlichen Nebenwirkungen. Medical Tribune online, Stand: 15.11.2019 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Memorial Sloan Kettering Cancer Center: Kratom. Purported Benefits, Side Effects & More. For Healthcare Professionals.Stand: 01.01.2020 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

RASFF: Meldungen zu Mitragyna speciosa vom 01.09.2023 bis 30.01.2024

Gemeinsame Zentralstelle „Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse“, Jahresbericht 2021, Stand: 21.12.2022, S. 11-12 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Huter T et al. (2024): Kratom – Nahrungsergänzungsmittel oder tödliche Droge?  Rechtsmedizin 34: 188–191

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