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Fairer Handel: Einkauf mit gutem Gewissen

Stand:
Für viele Unternehmen wird Fairer Handel immer wichtiger. Doch was bedeutet das und woran erkennen Sie fair gehandelte Produkte? Wir geben Ihnen einen Überblick über die Grundsätze, über Produktsiegel und Label sowie Organisationen und Eigenmarken des Handels.
Hand gefüllt mit Kaffeebohnen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Mit dem Kauf fair gehandelter Produkte werden sowohl faire Handelspraktiken als auch bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für Arbeiter und Kleinbauernfamilien in den südlichen Ländern gefördert und ein umweltverträglicher Anbau unterstützt.
  • Der Begriff "fair" ist gesetzlich nicht geschützt. Es gibt kein einheitliches Siegel, deshalb ist die Label-Vielfalt groß.
  • Lebensmittel aus Fairem Handel enthalten unterschiedlich hohe Anteile fairer Zutaten.
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Das Angebot fairer Lebensmittel mit Rohstoffen aus südlichen Ländern hat sich in den letzten Jahren enorm erweitert. Verbraucher:innen finden neben Kaffee, das am meisten verkaufte faire Lebensmittel, auch Tee, Schokolade, Gummibären, Kekse, Bananen, Gewürze, Organgensaft, Cola, Trockenfrüchte und Wein in guter Qualität. Lebensmittel machen 75 Prozent des Fairen Handels aus. Zu dem übrigen Viertel zählen zum Beispiel Textilien, Blumen, Kunsthandwerk und Fußbälle. Inzwischen gibt es auch faire Produkte aus dem Norden.

Fair gehandelte Waren werden nicht nur in Welt- und Bioläden angeboten; auch Supermärkte, Discounter und Gastronomen haben sie im Sortiment.

Was bedeutet Fairer Handel?

Viele wichtige Agrar-Rohstoffe wie Kaffee, Kakao, Orangensaft, Bananen oder Baumwolle stammen aus südlichen Ländern. Niedrige und stark schwankende Weltmarktpreise sowie extrem niedrige Löhne - und das bei bis zu 60 Wochenstunden - reichen oft nicht aus, um die Lebenshaltungskosten der Kleinbauernfamilien und der Arbeiter zu decken. Armut, Kinder- und Zwangsarbeit sind die sozialen Folgen.

Hier setzt der Faire Handel an. Sein Ziel sind gerechtere Handelsstrukturen, damit benachteiligte Kleinbauern und Arbeiter auf den Plantagen ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft nachhaltig sichern können.

Fair ist kein gesetzlich geschützter Begriff

Anders als Bio, ist der Begriff "Fair" oder "Fairer Handel" rechtlich nicht geschützt. Es gibt kein einheitliches Siegel für faire Produkte. Aber die internationalen Dachorganisationen des Fairen Handels, etwa Fairtrade International, World Fair Trade Organization (WFTO) und European Fair Trade Association (EFTA), haben eine Definition und gemeinsame Fair-Handels-Grundsätze und Prinzipien entwickelt. Diese stellen den internationalen und inhaltlichen Rahmen für den Fairen Handel dar. Darauf beruhen die Standards von Fairtrade International und die der Fairhandelsorganisationen und anderer Zertifizierer im Fairen Handel.

Grundsätze des Fairen Handels

Obwohl jede Organisation ergänzende Standards entwickelt hat, beruhen alle auf folgenden Grundsätzen:

  • Faire (Mindest-)Preise für Rohstoffe, die die Produktionskosten decken und ein existenzsicherndes Einkommen gewährleisten. Plantagenarbeiter erhalten eine angemessene Bezahlung und besseren Gesundheitsschutz
  • Prämie: Sie wird zusätzlich gezahlt und wird in soziale, ökologische oder ökonomische Projekte investiert, etwa zur Gesundheits- und Altersvorsorge, für Bildung oder ökologische Vorhaben.
  • Vorfinanzierung und Schulung: Die Produzenten können auf Wunsch eine Vorfinanzierung erhalten, um zum Beispiel Saatgut zu kaufen und erhalten Schulungen für bessere Qualitäten und Erträge.
  • Handelsbeziehungen: Langfristige transparente und partnerschaftliche Handelsbeziehungen zwischen den Produzentenkooperativen und den Industrieländern und Importeuren erlauben eine bessere Planung und erhöhen die Wirtschaftlichkeit. Der - oftmals ausbeuterische - Zwischenhandel wird somit ausgeschaltet.
  • Arbeitsbedingungen: Nationale und internationale Arbeitsschutznormen werden eingehalten, zum Beispiel:
    o Verbot von illegaler Kinder- und Zwangsarbeit
    o Zahlung von Tariflöhnen
    o angemessener Gesundheits- und Umweltschutz
    o freier Zugang von/zu Gewerkschaften
    o Gleichberechtigung von Frauen
  • Umwelt: Ein umweltverträglicher und ökologischer Anbau wird angestrebt und für Bio-Produkte wird ein zusätzlicher Bio-Aufschlag gezahlt. Gentechnisch verändertes Saatgut und gefährliche Pestizide sind verboten.
  • Bildungs- und Kampagnenarbeit für einen gerechteren Welthandel
  • Kontrolle: Überprüfungen stellen sicher, dass die Grundsätze eingehalten werden.

Zertifizierung im Fairen Handel

Im Fairen Handel haben sich zwei Wege zur Umsetzung der Zertifizierung entwickelt:

  • die Produktzertifizierung und
  • die sogenannte integrierte Lieferkette.

Bei der Produktzertifizierung können konventionelle Unternehmen fair gehandelte Produkte importieren, verarbeiten oder vertreiben. Faire Produkte machen nur einen Teil ihres Gesamt-Sortiments aus. Sie importieren Rohstoffe oder stellen einzelne Produkte nach den Fair-Handels-Standards her und kennzeichnen diese Produkte mit dem entsprechenden Siegel, zum Beispiel mit dem Fairtrade-Siegel. Die Anbieter dieser Produkte schließen mit der Siegelorganisation einen Lizenzvertrag und können ihre fairen Produkte mit dem Fairtrade-Siegel kennzeichnen.

Bei der integrierten Lieferkette richten Unternehmen ihr gesamtes Handeln nach den Grundsätzen des Fairen Handels aus. Importorganisationen, etwa Fairhandelshäuser wie Gepa oder El Puente, gehören zu den integrierten Lieferketten, da sie ausschließlich und als ganzes Unternehmen fair handeln. Auch Weltläden führen ausschließlich Produkte aus Fairem Handel, darunter viele der verschiedenen Importorganisationen.

Wie viel kommt beim Produzenten tatsächlich an?

Für viele Rohstoffe hat Fairtrade International einen Mindestpreis festgelegt. Liegt der Weltmarktpreis unter dem Fair-Mindestpreis, wird den Kleinbauern der Fair-Mindestpreis gezahlt, liegt er über dem Fair-Mindestpreis, erhalten sie den jeweiligen Weltmarktpreis. Zusätzlich wird immer eine Prämie gezahlt, unabhängig vom Weltmarkt- oder Mindestpreis oder wo und zu welchem Preis ein Produkt letztlich an die Verbraucher:innen verkauft wird.

Nicht alle Akteure haben in ihren Standards einen Mindestpreis festgelegt, orientieren sich aber in ihrer Preisgestaltung an den Mindestpreisen von Fairtrade International. Für Zucker und einige Tee- und Gewürzsorten gibt es keinen Mindestpreis. Hier werden die Preise so festgelegt, dass die Produktionskosten unter einer nachhaltigen Anbauweise gedeckt sind. Aber auch die Mindestpreise sind nicht immer existenzsichernd für die Produzenten. Hier müssen Preiserhöhungen erfolgen. Dies hat auch der Faire Handel erkannt und arbeitet daran.

Für viele Produzenten sind aber auch weitere Leistungen wichtig, die ihnen der Faire Handel bietet: Oft erhalten sie erstmals Zugang zu Exportmärkten, können sich auf langfristige Handelsbeziehungen verlassen, und wenn nötig ihre Ernte vorfinanzieren lassen.

Die Wirkung des Fairen Handels auf die ländliche Entwicklung hängt zudem stark davon ab, welcher Ernteanteil in das Fairhandels-System fließt und wie gut die Produzenten und das Management geschult und organisiert sind.

Sind faire Produkte nur ein bisschen fair?

Obwohl es einheitliche und anerkannte Grundsätze des Fairen Handels gibt, hat jede Fair-Handelsorganisation und jedes Produktsiegel der Fairhandels-Zertifizierer eigene Kriterien. Unterschiede gibt es hier vor allem in den Standards für verarbeitete Lebensmittel mit mehreren Zutaten, den sogenannten Mischprodukten. Monoprodukte, die nur aus einer Zutat bestehen, zum Beispiel Kaffee, Tee, Kakao oder Reis, müssen 100 Prozent faire Zutaten enthalten. Hier gibt es kaum oder nur geringfügige Unterschiede zwischen den verschiedenen Akteuren.

Mischprodukte im Fairen Handel

Mischprodukte wie Gebäck, Eis oder Schokolade vergrößern die Fair-Produktpalette und können damit den Absatz von fairen Rohwaren erhöhen, was wiederum gut für die Produzenten ist. Kleinbauern können nicht immer ihre komplette zertifizierte Ernte an den Fairen Handel verkaufen, da die Nachfrage kleiner ist als das Angebot.

Bei Mischprodukten gibt es bei den Akteuren des Fairen Handels verschiedene Anforderungen bezüglich des Mindestanteils fairer Zutaten:

  • Fairtrade-International:
    Hier gilt "Alles, was geht, muss fair gehandelt sein" d.h. alle Inhaltsstoffe, die Fairtrade-zertifiziert erhältlich sind, müssen auch für das Produkt eingesetzt werden.
    Der Fairtrade-Anteil am Endprodukt muss aber mindestens 20 Prozent betragen.
  • Fairhandelshäuser geben für ihre Mischprodukte einen Mindestgehalt von 50 Prozent an (mit einigen Ausnahmen)

Der Anteil fairer Zutaten muss auf der Verpackung gekennzeichnet werden.

Marktchecks mehrerer Verbraucherzentralen haben ergeben, dass der Fair-Anteil in Produkten sehr unterschiedlich ist und zwischen 20 Prozent und 100 Prozent schwankt.

Der Mengenausgleich: Ist fair drin, wenn fair drauf steht?

Seit 2011 gibt es für die Produktgruppen Kakao, Tee, Zucker und Orangensaft den sogenannten Mengenausgleich (englisch: "mass balance"). Das bedeutet, konventionelle und fair gehandelte Rohstoffe können vermischt werden. Ob überhaupt oder wie viel Prozent fairer Kakao in der Schokolade enthalten ist, erfahren Verbraucher:innen nicht. Es kann also sein, das die Fairtrade- Schokolade konventionellen Kakao enthält, während eine Schokolade ohne Fairtrade-Siegel den fairen Kakao enthält.

Fairtrade International begründet den Mengenausgleich damit, dass es bei den vier Produktgruppen nicht möglich sei, konventionelle und faire Ware im gesamten Prozess der Weiterverarbeitung durchgehend voneinander zu trennen. Es darf nur so viel Schokolade mit dem Fairtrade-Siegel verkauft werden, wie die entsprechende Menge Fairtrade-Kakao eingekauft wurde. Dafür sorgen nachprüfbare Dokumentationen und Kontrollen.

Der Mengenausgleich muss auf der Verpackung gekennzeichnet werden. Produkte mit Mengenausgleich erkennen Sie am Pfeil neben dem Siegel, der auf weiterführende Informationen auf der Rückseite verweist. Zum Beispiel ist in der Zutatenliste einer Schokolade mit dem Fairtrade-Siegel der Kakao gekennzeichnet "mit Mengenausgleich".

Die Fairhandelshäuser wie Gepa, El Puente und WeltPartner wenden in der Verarbeitung ihrer Produkte keinen Mengenausgleich an. Ihnen gelingt es, faire und konventionelle Rohware zu trennen.

Die Verbraucherzentralen bewerten den Mengenausgleich kritisch und sehen ihn nur als kurzfristige Übergangslösung. Wenn "Fair" drauf steht, muss auch "Fair" drin sein!

Fairtrade-Programme für Kakao, Zucker und Baumwolle

Um die Absatzmengen von Fairtrade-Kakao und -Zucker zu erhöhen, gibt es seit Anfang 2014 das Fairtrade-Programm für Kakao, Zucker und Baumwolle. Bei diesen Programmen geht es allein um die jeweiligen Rohstoffe - beim Kakaoprogramm also nur um den Rohstoff Kakao.

Die Unternehmen verpflichten sich, eine bestimmte Menge Fairtrade-Kakao abzunehmen. Zur Kennzeichnung der daraus hergestellten Produkte gibt es das Kakao-Programm-Siegel. Die Deklaration mit dem Siegel ist freiwillig; die Hersteller können entscheiden, ob sie die Produkte selbst kennzeichnen oder nur auf ihren Informationsseiten auf das Siegel hinweisen. Es gibt aber im Handel konventionelle Produkte, die Kakao aus Fairem Handel enthalten und das Kakao-Programm-Siegel tragen. Kakao ist hier die einzige Fairtrade-Zutat. Alle anderen Zutaten sind konventioneller Herkunft.

Große Ernährungskonzerne wie Mars oder Ferrero beteiligen sich an dem Kakao-Programm. So kann der Absatz an fairem Kakao in Deutschland erheblich gesteigert werden. Dies kommt den Kleinproduzenten zu Gute, die bislang oft nur einen Teil ihres zertifizierten Fairtrade-Kakaos über den Fairen Handel verkaufen konnten. Das ist wichtig, denn neben dem Mindestpreis (oder dem höheren Weltmarktpreis) erhalten sie auch Einnahmen durch die Fairtrade-Prämie.

Wie hoch der Fairtrade-Anteil in diesen Produkten ist, muss nicht gekennzeichnet werden. Damit sind nun Fairtrade-Produkte im Handel, die deutlich weniger als 20 Prozent Fairtrade-Rohstoffe enthalten können. Deshalb ist eine Kennzeichnung des Fairtrade-Anteils wünschenswert.

Firmeneigene Fairhandels-Label

Unternehmen kennzeichnen faire Produktlinien mit firmeneigenen Fairhandels-Labeln, um auf diese Produkte aufmerksam zu machen und um auf ihr Engagement für Nachhaltigkeit hinzuweisen. Nicht immer ist erkennbar, welche Standards des Fairen Handels erfüllt werden. Firmeneigene Label werden auch parallel mit Labeln gleicher Bedeutung verwendet. Hier handelt es sich um ein Co-Labelling. Firmeneigene Label sind etwa FAIRGLOBE, ONE WORLD oder Hand in Hand.

Fairer Handel braucht Klarheit

Für nachvollziehbare Fairhandels-Kriterien ist eine gesetzliche Definition von "Fair" erforderlich. Was fehlt, sind einheitliche Regeln, die definieren, was genau unter "sozial", "fair" und "umweltverträglich" zu verstehen ist. Dann könnten nämlich seriöse von unseriösen Anbietern klar abgrenzt und beim Einkauf erkannt werden.

Kontrolle im Fairen Handel

Der Faire Handel hat verschiedene Kontrollsysteme.

Produkte mit dem Fairtrade-Siegel erfüllen die internationalen Fairtrade-Standards. Die Zertifizierungsorganisation FLOCERT überprüft regelmäßig Produzenten, Händler und Hersteller im Süden und Norden, ob die Fairtrade-Standards eingehalten werden. WFTO Mitglieder müssen in ihrer gesamten Geschäftstätigkeit die WFTO-Prinzipien erfüllen. Das WFTO-Zeichen kann sowohl in der Unternehmenskommunikation als auch als Produkt-Zeichen genutzt werden. Überprüft wird die Einhaltung der Prinzipien in einem mehrstufigen Garantiesystem. Zunächst muss das Mitglied mittels eines Berichtes die Einhaltung der WFTO-Prinzipien nachweisen, die anschließend von externen Gutachtern geprüft werden.

Die Naturland Fair- Zertifizierung ist nur für Naturland-Mitgliedsbetriebe möglich, die ökologischen Landbau betreiben. Das Naturland Fair-Siegel kann auch für Produkte aus dem Norden verwendet werden, zum Beispiel für faire Milch aus Deutschland. Unabhängige Kontrollstellen überprüfen gemeinsam die Bio- und Fair-Kriterien.

Faire Produkte aus dem Norden

Seit einigen Jahren gibt es auch faire Produkte aus dem Norden. Zwar liegt der Schwerpunkt des Fairen Handels auf der Zusammenarbeit mit Handelspartnern aus südlichen Ländern, aber verschiedene Fairhandelsorganisationen haben "Nord-Produkte" mit in ihr Sortiment aufgenommen. Das bedeutet, dass auch Produkte aus dem Norden nach den Prinzipien des Fairen Handels produziert werden, zum Beispiel Milch nach den Naturland Fair-Prinzipien.

Der Milchpreis in Deutschland bewegt sich auf einem niedrigen Niveau und liegt unter den Produktionskosten. Für kleinere Betriebe ist das existenzbedrohend. Die Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land ist Naturland Fair zertifiziert und zahlt ihren Mitgliedern einen höheren Milchpreis, der die Produktionskosten deckt und die Bauern bei ihrer ökologischen Arbeitsweise unterstützt. Das Fairhandelshaus Gepa bezieht für seine Schokoladen Naturland Fair Milch. So gelingt ein hoher Anteil fairer Zutaten.

Nachhaltigkeitssiegel

Neben den Siegeln des Fairen Handels gibt es auch sogenannte Nachhaltigkeitssiegel. Der Schwerpunkt liegt dabei vor allem auf ökonomischen und ökologischen Verbesserungen des Anbaus, der Verarbeitung und dem Handel von Nahrungsmitteln. Sie sind jedoch keine Standards oder Systeme des Fairen Handels. Zu diesen Siegeln zählen zum Beispiel Rainforest Alliance oder UTZ.

Rainforest-Alliance    Rainforest Alliance 2   

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