Der Fall
Der 17-jährige Tobias R.* besucht gemeinsam mit seinem Freund Maximilian T. ein Probetraining in dem Fitnessstudio TopFit, in dem Maximilian bereits trainierte. Vor Ort trägt Tobias seine Daten auf einem Tablet ein und unterschreibt – in dem Glauben, es handle sich nur um die Anmeldung zum Probetraining. Eine Mitarbeiterin hatte ihm zuvor gesagt, die Details eines möglichen Vertrags könnten auch nach der Probephase noch geklärt werden.
Da Tobias noch nicht volljährig ist, muss ein gesetzlicher Vertreter, beispielsweise sein Vater oder seine Mutter, ebenfalls unterschreiben. Die Mitarbeiterin wiegelt jedoch ab: Das sei „nur Formsache“. Sie überredet die beiden, dass Tobias Freund Maximilian unterschreibt, der vor wenigen Wochen 18 Jahre wurde.
Nach dem Probetraining geht Tobias nicht mehr ins Fitnessstudio, für ihn ist die Sache eigentlich erledigt. Doch kurz darauf fordert TopFit eine Aktivierungsgebühr von 40 Euro. Auf Nachfrage stellt sich heraus: Tobias hat bei seinem ersten Besuch unwissentlich einen Vertrag mit einer zweijährigen Laufzeit abgeschlossen.
Claudia R.*, Tobias Mutter, widerruft den Vertrag – schließlich hat sie als gesetzliche Vertreterin nicht unterschrieben. TopFit jedoch besteht auf den Vertrag und verweist auf die Unterschrift von Maximilian. Trotz weiterer Widerrufe von Claudia R. schickt das Unternehmen per Mail zwei weitere Mahnungen mit jeweils sechs Euro Mahngebühr, zusätzlich zu der Aktivierungsgebühr. Claudia R. wendet sich daraufhin an die Verbraucherzentrale
Das haben wir getan
Wir haben den Vertrag und den gesamten Vorgang geprüft – mit eindeutigem Ergebnis: Der Vertrag ist nicht rechtsgültig. Minderjährige dürfen keine Verträge mit laufenden Kosten abschließen, es sei denn, ein gesetzlicher Vertreter stimmt ausdrücklich zu. Diese Regelung gilt beispielsweise auch für Handyverträge oder Haustiere: In beiden Fällen fallen nachträglich regelmäßige Kosten an. Eltern müssen solchen Verträgen und Käufen bei Minderjährigen zustimmen – oder können diese ablehnen. Im Fall von Tobias R. war damit die Forderung des Fitnessstudios für die Aktivierungsgebühr hinfällig.
Darüber hinaus stellten wir fest, dass die Mahngebühren ebenfalls rechtswidrig waren. Mahnkosten dürfen nur in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben werden. Wir haben TopFit wegen dieser Verstöße zunächst abgemahnt. Da das Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgab, reichten wir Klage beim Landgericht Ellwangen ein.
So ging es weiter
Trotz des laufenden Verfahrens und mehrfacher Widersprüche von Claudia R. in den letzten Monaten meldete TopFit sich einen Tag vor der mündlichen Verhandlung erneut bei Tobias. Per Mail wurde er aufgefordert, sich wegen angeblicher Beitragsrückstände zu melden, um eine Inkassoabgabe zu vermeiden. Dieses Vorgehen war ebenfalls unzulässig, weil der Vertrag an sich rechtswidrig zustande kam. Daher haben wir das Unternehmen ein zweites Mal abgemahnt. Da es erneut keine Unterlassungserklärung abgab, reichten wir eine zweite Klage ein.
Im ersten Verfahren erließ das LG Ellwangen inzwischen ein Versäumnisurteil zugunsten der Verbraucherzentrale. Dagegen legte TopFit Einspruch ein, allerdings ohne Erfolg: Das Gericht bestätigte das Versäumnisurteil. Im zweiten Fall steht das Urteil noch aus.
* Die Namen der Verbraucher:innen sind anonymisiert. Die tatsächlichen Namen sind der Verbraucherzentrale bekannt.