Wie die Homöopathie-Werbung versucht, rechtliche Grauzonen auszunutzen
Werbung durch vermeintlich objektive Informationsangebote
Weit verbreitet ist die Praxis von Homöopathie-Unterstützern, Verbraucher:innen unter dem Anschein eines vermeintlich neutralen redaktionellen Inhalts über die Anwendungsgebiete homöopathischer Präparate zu „informieren“ und zugleich auf derselben Internetseite den Erwerb bestimmter Produkte zu fördern.
So veröffentlichte ein großes deutsches Medienportal beispielsweise einen Artikel unter dem Titel „Das gehört in die homöopathische Hausapotheke“, in dem zielgerichtet über die in der Homöopathie behaupteten Anwendungsgebiete von Globuli berichtet wird. Innerhalb des Artikels werden immer wieder Verlinkungen zu Amazon eingestreut, die auch jeweils mit dem Hinweis „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Klickt man auf diese Links, verbergen sich dahinter jedoch vor allem Produkte eines konkreten namhaften Herstellers, sodass für die Verbraucherzentrale an der Absatzförderungsabsicht des Medienportals zugunsten dieses Herstellers kein Zweifel besteht.
Das Prinzip des vermeintlich redaktionellen Inhalts machen sich auch Versandapotheken zu Nutze. Dort werden gelegentlich auf vermeintlichen Ratgeber-Seiten Krankheitsbilder genannt, bei denen beispielsweise die schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna) Linderung versprechen soll. Auf derselben Seite werden sodann Belladonna-Globuli-Produkte eines namhaften Herstellers für homöopathische Erzeugnisse präsentiert. Diese Form der Produktplatzierung ist im Kontext der scheinbaren Ratgeber-Inhalte sicherlich kein Zufall. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale handelt es sich hierbei um eine nach Paragraf 5 des Heilmittelwerbegesetzes unzulässige Werbung mit Anwendungsgebieten.
Unwidersprochene Anwendungsgebiete in den Kundenbewertungen
Unternehmen haften nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wettbewerbsrechtlich für Kundenbewertungen, wenn sie sich diese auf ihrer Internetseite zu Eigen machen (BGH, Urteil vom 20.02.2020 – Az. I ZR 193/18). Die Verbraucherzentrale hat das Phänomen Online-Bewertungen in der Vergangenheit bereits einmal durch den Marktwächter Digitale Welt näher untersucht.
So ist es auch wenig überraschend, dass sich in den Apotheken-Webshops für homöopathische Arzneimittel sehr schnell eindeutige Hinweise auf vermeintliche Indikationen in den Kundenbewertungen finden lassen. Die Homöopathie schreibt etwa dem Mittel „Arnica D6 Globuli“ eine – wissenschaftlich nicht nachgewiesene – Wirkung bei Prellungen, Blutergüssen oder blauen Flecken zu. Einige Käufer:innen hinterlassen auf den Internetseiten bekannter Versandapotheken positive Bewertungen, in denen sie sich von der Wirkung zur „Bekämpfung von Entzündungen und Wunden“ begeistert zeigen oder von einer „ersten Hilfe bei blauen Flecken“ sprechen.
Die Versandapotheken dulden diese positiven Kundenmeinungen auf ihrer Internetseite, da sie die Kaufentscheidung von Verbraucher:innen zu ihren Gunsten beeinflussen und damit den Absatz fördern. Sie ordnen diese Kommentare jedoch nicht dahingehend ein, dass es gerade keine von offizieller Stelle geprüften Anwendungsgebiete für diese Produkte gibt. Indem sie sich deren Bewertungen – einschließlich der darin empfohlenen Anwendungsgebiete – zu Eigen machen, sind sie für problematische Werbeaussagen allerdings auch rechtlich verantwortlich.
Dieser Verantwortung werden die Unternehmen nicht dadurch gerecht, dass sie an weniger prominenter Stelle darauf hinweisen, dass es sich nur um ein registriertes homöopathisches Arzneimittel handelt, welches daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation angeboten werde.
Die Rechtsprechung hat schon lange die Rahmenbedingungen für sogenannte "Blickfangwerbung" definiert. Nach diesen Grundsätzen müsste die durch die Kundenbewertung hervorgerufene Fehlvorstellung des Verbrauchers mindestens durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (wenigstens durch eine Fußnote, auf die durch ein Sternchen neben dem Kommentar hingewiesen wird).
Zusammengefasst obliegt es den Unternehmen daher, die den Schutzvorschriften des Heilmittelwerbegesetzes zuwiderlaufende Nennung von Anwendungsgebieten in den Kundenbewertungen entweder zu entfernen oder in jedem konkreten Fall mit einer Klarstellung zu versehen, dass eine therapeutische Indikation trotz einer etwaigen Kundenmeinung gerade nicht besteht.