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Sorgt Biotin für gesunde Haut, glänzende Haare und feste Nägel?

Stand:
Zahlreiche Biotin-Produkte versprechen, zur Gesundheit von Haut, Haaren und Nägeln beizutragen. Belegbar ist dies nur eingeschränkt.
Biotin B7

Das Wichtigste in Kürze:
Wirkung nicht bewiesen!

  • Die Studienlage zu Haut- und Haargesundheit ist schwach und die Bedingungen sind teils fragwürdig.
  • Biotin kann einen Beitrag zum Erhalt normaler Haut und Haare leisten.
  • Die festigende Eigenschaft bei Nägeln bleibt wissenschaftlich unbelegt.
  • Da Biotin in vielen Lebensmitteln steckt, tritt ein Biotin-Mangel in der Regel nur sehr selten auf.
  • Biotin kann Laborwerte verfälschen. Daher sollte die Einnahme von Biotin vor einer Blutabnahme dem medizinischen Personal mitgeteilt werden.
  • Bei Menschen mit Nierenproblemen kann es zu höheren Biotin-Konzentrationen im Blut kommen.
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Was steckt hinter der Werbung zu Biotin?

Werbeanzeigen nutzen Slogans, die ein gesundes Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln versprechen. Einige Herstellern bezeichnen Biotin als "Vitamin H" genannt, um seine Bedeutung für Haut und Haare zu betonen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat dazu auch zwei gesundheitsbezogene Werbeaussagen als bewiesen bewertet: "Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei" und "Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haare bei". Diese Health Claims wurden von der EU mit der Verordnung (EU) 432/2012 zugelassen.

Dennoch gibt es "Schönheitspillen" für Haut, Haare und Nägel, die sich zwar auf diese Health Claims beziehen, jedoch in veränderter Form werben - etwa mit Slogans wie "Für schönes, gesundes und kräftiges Haar".

Eine Aussage zur Wirkung von Biotin auf die Nägel ist im Gegensatz zu Haut und Haaren nicht zugelassen. Frühere veterinärmedizinische Untersuchungen zeigten, dass Biotin zur Härtung der Hufe bei Nutztieren führte. Aufgrund dessen wurden versuchsweise Behandlungen von brüchigen Nägeln sowie sprödem und ausfallendem Haar bei Menschen durchgeführt. Durch sehr hohe Biotin-Gaben (2,5 mg /Tag) nahm die Nageldicke nachweislich zu und auch die Nageloberfläche verbesserte sich. Da es jedoch keine wissenschaftlichen Studien zur niedrigen Dosierung gibt, konnten entsprechende gesundheitsbezogene Werbeaussagen von der EFSA nicht bewertet und demzufolge auch von der EU nicht zugelassen werden.

Viele Biotin-Produkte, die ein gesundes Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln versprechen, werden mit Zink oder Selen und mit Kieselerde angeboten. Für Zink und Selen ist eine Aussage zum „Erhalt normaler Nägel" zulässig, wodurch auch die Werbung auf dem Produkt erlaubt ist - allerdings muss sie sich auch klar auf diese Nährstoffe beziehen. Durch diesen juristischen Trick dürfen Kombinationspräparate rechtmäßig beworben werden.

Die Genehmigung gesundheitsbezogener Aussagen zu Biotin bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass Biotin-Produkte eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Die EFSA weist deutlich darauf hin, dass die Biotin-Aufnahme in der Bevölkerung ausreichend ist. Somit ist von einer zusätzlichen Aufnahme keine weitere Wirkung auf Haut oder Haare zu erwarten.

Anders sieht es aus, wenn Biotin als Arzneimittel verkauft wird. Für hochdosierte Arzneimittel muss eine Wirkung belegt sein. Bei einem klinisch nachgewiesenen Biotin-Mangel oder auch bei erblich bedingter Stoffwechselerkrankung (multipler Carboxylasemangel) ist der Biotinbedarf erhöht. Darreichungsform und notwendige Dosierung für die Behandlung (2,5 mg, 5 mg, 10 mg) muss medizinisch entschieden werden.

Da Biotin an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt ist, hat die Europäische Union nach Bewertung durch die EFSA folgende gesundheitsbezogenen Angaben zugelassen: 

  • trägt zur Erhaltung normaler Haare bei
  • trägt zur Erhaltung normaler Haut bei
  • trägt zur Erhaltung normaler Schleimhäute bei
  • trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
  • trägt zur normalen psychischen Funktion bei
  • trägt zu einem normalen Stoffwechsel von Makronährstoffen bei
  • trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei

Daher ist Biotin auch Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln, die für die Darmgesundheit, die Stärkung des Immunsystems oder eine ausgleichende Wirkung auf das Nervensystem werben.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Biotin-Produkten achten?

  • Bisher sind keine negativen gesundheitlichen Folgen einer erhöhten Biotin-Zufuhr (bis zu 20 mg/Tag) bekannt, weder über die Nahrung noch durch hochdosierte Arzneimittel. Eine festgelegte Obergrenze für die Einnahme von Biotin gibt es deshalb nicht. Trotzdem sei laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) daraus nicht zu schlussfolgern, dass diese Stoffe kein Potential für unerwünschte Effekte haben.
     
  • Durch die Einnahme von Biotin werden Labortests verfälscht. Dadurch kann es sowohl zu falsch positiven als auch zu falsch negativen Ergebnissen kommen. Davon sind insbesondere Untersuchungen der Schilddrüsenhormone, der Sexualhormone und Herz-Kreislauf-Marker wie Troponin (bei Herzinfarkten) betroffen. Falls Sie ein biotinhaltiges Nahrungsergänzungsmittel einnehmen oder kürzlich eingenommen haben, sollten Sie dies bei der Blutabnahme unbedingt angeben. Das BfR empfiehlt Herstellern, auf biotinhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln einen Hinweis anzubringen, dass das Laborpersonal vor dem Labortest über die Biotineinnahme informiert werden muss.
     
  • Da Biotin hauptsächlich über den Urin ausgeschieden wird, kann es bei Menschen mit Nierenproblemen zu höheren Biotin-Konzentrationen im Blut kommen. Dies erhöht das Risiko von Wechselwirkungen. Das BfR weist darauf hin, dass bei einer Hochdosis-Biotin-Therapie besondere Vorsicht bei Patienten mit Niereninsuffizienz, Neugeborenen, Kindern und Schwangeren geboten ist. Nahrungsergänzungsmittel enthalten zurzeit Tagesdosen, die mitunter weit über 150 µg Biotin liegen.
     
  • Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfahl 2019, die Produktinformationen von Arzneimitteln mit ≥ 150 µg Biotin um Hinweise zu Wechselwirkungen und Warnhinweise zu ergänzen. In Deutschland wurden die Beipackzettel entsprechender Arzneimittel aktualisiert. 
     
  • Als Vitamin-Verbindung ist gemäß EU-Richtlinie 2002/46/EG, Anhang II (Fassung vom 17.07.2024) nur D-Biotin in Deutschland und anderen EU-Ländern in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen.

Wofür braucht der Körper Biotin?

Biotin, auch Vitamin B7 und gelegentlich Vitamin H genannt, gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen und kann nur in geringem Maße im Organismus gespeichert werden. Als Bestandteil von Enzymen ist es an diversen Stoffwechselprozessen beteiligt und wirkt am Zellwachstum sowie bei der DNA- und Proteinsynthese mit. Zudem aktiviert Biotin den Stoffwechsel und fördert die Neubildung von Haarwurzeln und des Nagelbettes.

Ein hoher Alkoholkonsum, Rauchen und die dauerhafte Einnahme bestimmter Medikamente, wie Antibiotika oder Phenobarbital (findet u.a. Anwendung in der Behandlung von Epilepsien), beeinträchtigen die Biotin-Aufnahme bzw. fördern den Biotin-Abbau. Aufgrund des weit verbreiteten Vorkommens von Biotin in Lebensmitteln treten nur in Ausnahmefällen klinische Mangelerscheinungen auf. Bekannt geworden sind Mangelsymptome in Ausnahmesituationen wie einer künstlichen Ernährung, Alkoholabhängigkeit oder der Verzehr von vielen rohen Eiern, beispielsweise im Rahmen spezieller Bodybuildingdiäten. (Im Eiklar befindet sich eine Verbindung namens Avidin, die die Vitaminwirkung beeinträchtigt. Durch Erhitzen des Eis verliert Avidin diese Eigenschaft.) Das Risiko für einen Mangel besteht auch bei Menschen mit einem genetisch bedingten Biotinmangel (Carboxylase-Mangel). Betroffene Säuglinge weisen bereits nach wenigen Tagen erste Symptome auf.

Am empfindlichsten reagiert die Haut. Ein klinisch ausgeprägter Mangel äußert sich daher in Haarausfall, Mundwinkelentzündungen, Haut- und Schleimhautveränderungen. Später können Muskelschmerzen und auch spezifische psychiatrische Symptome hinzutreten.

Schwangere sind laut BfR möglicherweise eine Risikogruppe für einen Biotinmangel, da Biotin während Schwangerschaft und Stillzeit schneller abgebaut wird. Hier gelten die fachärztlichen gynäkologischen Empfehlungen. Unbehandelt kann es zu gesundheitlichen Problemen des ungeborenen Kindes führen.

Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine Tagesdosis von 40 μg/täglich und speziell Schwangeren eine tägliche Zufuhr über 45 μg. Für Säuglinge liegen kinderärztliche Empfehlungen von 5-10 μg/Tag vor. In Muttermilch sind etwa 4,5 μg Biotin pro 750 ml enthalten. Vitamin B7 ist ein wesentlicher Faktor bei der DNA-Synthese und trägt damit zum Wachstum des Kindes bei, deshalb sollte eine ausreichende Zufuhr gesichert sein. Es handelt sich um wissenschaftliche Schätzwerte, da es bislang keine einheitlichen Analysen und Beurteilungskriterien gibt. Es liegen einige Hinweise auf die Synthese von Biotin durch die Darmflora und im Stoffwechsel vor. Insgesamt ist die Datenlage weiterhin unzureichend.

Die Versorgung in Deutschland gilt allgemein als ausreichend, und ein Biotin-Mangel tritt bei normaler Ernährung von Kindern und Erwachsenen nicht auf. Da jedoch bis heute für viele Lebensmittel verlässliche Biotin-Angaben fehlen, kann die mittlere Zufuhr nicht genau bestimmt werden. Die beste Methode einem Biotin-Mangel vorzubeugen, ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Eine durchschnittlich aufgenommene Biotin-Menge von etwa 40 µg wird als ausreichend betrachtet.

Um die Biotin-Zufuhr ausreichend zu sichern eignen sich vor allem Haferflocken, Sojabohnen, Pilze, erhitzte Eier, Nüsse sowie Sonnenblumenkerne. Auch Milch und Milchprodukte tragen aufgrund ihrer verzehrten Menge zur Biotinversorgung bei. Außerdem ist auf ausreichend Schlaf, genug Trinkflüssigkeit (Wasser, ungesüßter Tee) und Bewegung an der frischen Luft zu achten.

Quellen:


Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2020): Biotin - Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr  (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

BfR (2024): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 006/2024 vom 22.02.2024 (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

BfR (2024): Höchstmengenvorschläge für Biotin in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

Heseker H; Stahl A (2009): Biotin: Vorkommen, Funktionen, Physiologie, Referenzwerte und Versorgung in Deutschland, Ernährungs Umschau (5): 288-93

Mock DM (1991): Skin manifestations of biotin deficiency. Semin Dermatol 10(4): 296-302

Huschka C (1998): Untersuchungen zur Wirkung von Biotin auf humane Keratinozyten und zur Modulation der Biotinpenetration in humane Haut. Dissertation Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

EFSA (2010): Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to biotin and maintenance of normal skin and mucous membranes (ID 121), maintenance of normal hair (ID 121) […]. EFSA Journal 8 (10): 1728

EFSA (2014): Scientific Opinion on Dietary Reference Values for biotin. EFSA Journal 12 (2); 3580

Zu wenig bekannt und zum Teil folgenschwer – durch Biotin verfälschte Laboruntersuchungen. arznei-telegramm 50 (1): 14, 2019 (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (2019): Rote-Hand-Brief zu Biotin: Risiko falscher Ergebnisse von Laboruntersuchungen durch Biotin-Interferenzen (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

Bundesinstitut für Risikobewertung: Biotin in Nahrungsergänzungsmitteln kann Labortestergebnisse beeinflussen. Mitteilung Nr. 044/2019 vom 14.11.2019 (zuletzt abgerufen am 10.03.2025)

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OLG Stuttgart, Urteil vom 06.03.2025, 2 U 130/23
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