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Marktcheck zu Klimawerbung auf Lebensmitteln - jetzt Klarheit schaffen
Stand:
Von klimaneutral bis CO2-reduziert: Auf Lebensmittelverpackungen finden sich viele Angaben rund ums Klima. Für Verbraucher:innen ist oft schwer nachvollziehbar, was dahinter steckt. Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen zeigt den Wildwuchs auf und fordert die rechtliche Regulierung von Klimawerbung.
Die Ergebnisse zeigen: Wie aussagekräftig Klimaaussagen sind, lässt sich derzeit kaum beurteilen.
Häufig fehlen nähere Informationen zu den klimabezogenen Aussagen auf der Verpackung.
Die Verbraucherzentralen fordern Transparenz und einheitliche rechtliche Vorgaben für die Verwendung von Klima- und CO2-Aussagen auf Lebensmitteln.
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Darum sind Werbebegriffe wie "klimaneutral" oder "CO2-reduziert" trügerisch
Eine klimafreundliche Lebensmittelproduktion ist vielen Verbraucher:innen wichtig. Lebensmittelhersteller nutzen dies für sich und bewerben ihre Produkte mit klimabezogenen Aussagen. Und die Werbung wirkt: Verbraucher:innen schätzen Produkte mit umwelt- und klimabezogenen Aussagen als wesentlich umweltfreundlicher ein, als Produkte ohne entsprechende Aussagen, wie eine Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands zeigt.
Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ist die Ernährung für rund 15 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Eine emissionsfreie und damit klimaneutrale Produktion von Lebensmitteln ist derzeit auch nicht möglich. Um dennoch entsprechend werben zu können, greifen viele Unternehmen auf Kompensationsmaßnahmen wie die Finanzierung von Klimaschutzprojekten zurück.
Verbraucher:innen ist oft nicht bewusst, dass Begriffe wie "klimaneutral" nichts darüber aussagen, ob ein Produkt klimaschonend hergestellt wurde oder ob sich der Hersteller zur Reduktion und Vermeidung von CO2 verpflichtet hat. Das aber erwarten Verbraucher:innen, wenn sie die Angabe auf einem Produkt lesen. Das verdeutlicht auch eine Verbraucherbefragung im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Zudem sind Werbeaussagen mit Umwelt- oder Klimabezug, sogenannte Green Claims, bislang kaum reguliert. Sie können verwendet werden, ohne dass der Gesetzgeber darüber Nachweise oder eine unabhängige Prüfung fordert.
Die Verbraucherzentralen prüften in einem bundesweiten Marktcheck, welche klimabezogenen Aussagen und Siegel Lebensmittelhersteller verwenden. Dafür suchten sie im April 2023 in 10 Bundesländern Discounter, Supermärkte, Biomärkte und Drogeriemärkte auf. Insgesamt wurden 87 Produkte mit klimabezogenen Aussagen im Hauptsichtfeld erfasst.
Klimawerbung häufiger bei Bio-Produkten
Am häufigsten trugen pflanzliche Ersatzprodukte, Getränke, Convenience-Produkte und Speziallebensmittel wie Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder klimabezogene Werbung.
(Quelle: Verbraucherzentrale)
In den 17 Produktgruppen wurden Bio-Produkte ähnlich häufig mit Klimaaussagen beworben wie konventionell erzeugte Lebensmittel. Allerdings haben Bio-Lebensmittel nur einen Marktanteil von etwa 7 Prozent und scheinen damit öfter Klimaangaben aufzuweisen.
"Klimaneutral" besonders häufig zu finden
Insgesamt wurden 92 Klimaaussagen auf den 87 Produkten erfasst. Am häufigsten wurde mit Klimaneutralität geworben (53 von 87 Produkten). Aussagen wie "klimaneutral", "klimapositiv" und "CO2-positiv" haben ein besonders hohes Irreführungspotential. Aus Sicht der Verbraucherzentralen lassen sich solche Angaben nicht belegen und sollten daher nicht zur Bewerbung von Lebensmitteln verwendet werden.
Aussagen zum Klimaschutz oft ohne klaren Bezug
Ob sich die Angaben auf die Verpackung, die Herstellung oder das gesamte Produkt beziehen, blieb bei einem Drittel der erfassten Klimaauslobungen unklar. Eine eindeutige Aussage ist allerdings wichtig, damit Verbraucher:innen den Beitrag zum Klimaschutz besser einordnen können. Nach Einschätzung der Verbraucherzentralen sollten sich Klimaaussagen nicht nur auf Teilaspekte des Produktes beziehen, sondern immer den gesamten Lebenszyklus betrachten.
So werben Produkte mit Klimaaussagen
Ökoland bewarb diese Bratwurst mit dem Aufdruck "Superwurst - Knackig. Lecker. Klimafreundlich". Auf der Rückseite war das Siegel "Stop Climate Change – klimafreundlich" abgebildet. Erläuterungen und weiterführende Hinweisen fehlten.
Foto:
Verbraucherzentrale
PPURA warb auf der Vorderseite der Verpackung mit "CO₂-positiv". Diese Aussage ist aus Sicht der Verbraucherzentralen irreführend und sollte nicht verwendet werden, auch wenn auf der Rückseite konkrete Maßnahmen für eine verringerte Treibhausgasemission aufgeführt werden.
Foto:
Verbraucherzentrale
Netto Marken-Discount warb auf einem Weißwein der Eigenmarke BioBio übergroß mit dem Produktnamen "Footprint", ergänzt durch "reduziert deinen CO₂ Fußabdruck". Im Juli 2023 urteilte das Landgericht Amberg, dass die Verpackungsgestaltung irreführend sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Foto:
Verbraucherzentrale
Ben&Jerry’s warb mit dem Produktnamen "Climate Just’Ice NOW!" für ein veganes Eis, welches aus Zutaten aus fairem Handel hergestellt wurde. Ein QR-Code auf der Verpackung führte zu einer Kampagnenseite, unter anderem mit einem Gewinnspiel, das aber schon abgelaufen ist. Inwiefern das Produkt konkret zu mehr Klimagerechtigkeit beiträgt, wurde nicht erläutert.
Foto:
Verbraucherzentrale
Der Bio-Eistee trug den Produktnamen "Eins-Komma-Fünf-Grad" und warb mit der Aussage "klimapositiv". Aus Sicht der Verbraucherzentralen ist es fraglich, inwiefern die Gesellschaft durch den Konsum dieses Eistees dem Eins-Komma-Fünf-Grad-Ziel näherkommt.
Foto:
Verbraucherzentrale
Arla bewarb die Æ-K- T-Vollmilch mit dem Slogan "Aktiv für Klima & Tierwohl". Die gesamte Verpackungsoberfläche ist voller Informationen, unter anderem zu Reduktionszielen für die Treibhausgasemissionen. Die Erfolge der Maßnahmen wurden dagegen nur vage formuliert.
Foto:
Verbraucherzentrale
Andechser Natur bewarb eine Bio-Vollmilch mit dem Wortlaut "Klima Bauer". Die Bio-Landwirtschaft zielt grundsätzlich auf einen nachhaltigen Umgang mit Umwelt und Natur ab. Dies heißt jedoch nicht per se, dass Bio-Produkte einen geringeren CO₂-Fußabdruck aufweisen. Es fehlten konkrete Bezugsgrößen.
Foto:
Verbraucherzentrale
Auf der Bayerischen Bauern-Milch stach der Begriff "Klimaneutral" hervor. Informationen, durch welche Maßnahmen das Produkt oder der Hersteller zum Klimaschutz beitragen, fehlten. Die drei Beispiele zeigen, dass selbst innerhalb einer Produktgruppe Vergleiche derzeit unmöglich sind. Es ist irrelevant, wie viele Informationen auf der Verpackung stehen, wenn diese nicht transparent und nachvollziehbar sind.
Foto:
Verbraucherzentrale
Erläuterungen und Überprüfung zu Klimaaussagen fehlen
Bei etwas mehr als einem Drittel fehlten nähere Erläuterungen der Klima- und CO2-Auslobungen auf der Verpackung. Zur Beurteilung ist es jedoch wichtig, ob ein Unternehmen aktiv eigene Emissionen reduziert oder ausschließlich auf die Unterstützung von Klimaschutzprojekten setzt.
(Quelle: Verbraucherzentrale)
Bei 73 der 87 Produkte verwiesen Links und QR-Codes auf weitere Informationen. Dies ist zwar begrüßenswert, allerdings nutzen Verbraucher:innen nur in seltenen Fällen solche weiterführenden Informationen, wie die Studie des vzbv zeigt.
Bei knapp der Hälfte der untersuchten Produkte fehlten Hinweise auf eine Vergabe oder Prüfung der Siegel und Aussagen durch externe Dienstleister. Es wird nicht ersichtlich, wer die Richtigkeit der Angaben überprüft. Durch die fehlende Transparenz ist schwer zu beurteilen, wie verlässlich die klimabezogenen Angaben sind.
Fazit des Marktchecks zu Klimawerbung auf Lebensmitteln
Die Ergebnisse des Marktchecks zeigen, dass Klima- und CO2-Auslobungen in ganz unterschiedlicher Ausgestaltung auf Lebensmittelverpackungen zu finden sind. Die klimabezogenen Angaben sind meist weder nachvollziehbar noch überprüfbar. Gründe dafür sind unter anderem sowohl fehlende Erläuterungen als auch fehlende Hinweise auf unabhängige Kontrollen.
Aktuell existieren keine konkreten gesetzlichen Vorgaben für die Verwendung klimabezogener Angaben. Die Europäische Kommission arbeitet an einer Richtlinie zu Umweltaussagen, die diese rechtlichen Lücken schließen soll. Den Entwurf bewerten die Verbraucherzentralen als vielversprechend. Bis diese Richtlinie umgesetzt und damit Auswirkungen auf Werbeaussagen haben wird, können jedoch noch Jahre vergehen.
Die Verbraucherzentralen fordern daher:
Aussagen und Siegel, die nicht belegbar sind, sollten nicht mehr verwendet werden. Dazu gehören auch Formulierungen wie "klimaneutral", "klimafreundlich" oder "CO2-positiv" sowie andere Aussagen mit gleichwertiger Bedeutung und Tragweite.
Unternehmen sollten nur mit umgesetzten, belegten Klimaschutzmaßnahmen werben, jedoch nicht ausschließlich mit Zielvorgaben.
Werben Unternehmen mit einer reduzierten CO2-Bilanz, sollte sich diese auf das gesamte Produkt und dessen gesamten Lebenszyklus beziehen und nicht nur auf einen Teilaspekt wie die Verpackung oder Produktion.
Es braucht einheitliche rechtliche Vorgaben für die Verwendung von Klima- und CO2-Aussagen. Dies gewährleistet nur eine Verifizierung der verwendeten Werbeaussagen und Siegel durch staatlich anerkannte, unabhängige, akkreditierte Drittanbieter. Eine Zertifizierung durch das Unternehmen selbst ist nicht ausreichend.
Die Erstellung und Veröffentlichung von Hintergrundinformationen zu Werbeaussagen und Siegeln sollte nach einheitlichen Mindeststandards erfolgen. Diese Standards sollten alle Marktteilnehmer und Unternehmen, die mit Klimaaussagen werben wollen, umsetzen. Dadurch wird eine bessere Vergleichbarkeit zwischen Produkten einer Produktkategorie ermöglicht.
Auf manchen Lebensmittelverpackungen findet man Label mit der Aussage „klimaneutral“, „CO2-neutral“ oder „reduziert deinen CO2-Fußabdruck“. Aber wurden bei der Herstellung dieser Lebensmittel wirklich weniger Treibhausgase freigesetzt als bei vergleichbaren Lebensmitteln?
Bei Preisreduzierungen müssen sich auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2023, Az. 38 O 182/22
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.09.2024, Az. C-330/23
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2024, Az. 38 O 182/22 (nicht rechtskräftig)
Wer mit Preisreduzierungen oder Preis-Highlights in Verbindung mit gestrichenen Preisen wirbt, muss als Grundlage den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage heranziehen.
Die Verbraucherzentrale konnte in den letzten Monaten verstärkt Preiswerbungen beobachten, mit denen Anbieter versuchen, gesetzliche Regelungen zu umgehen - und geht juristisch dagegen vor. Die von uns kritisierte Preisauszeichnung in einem Aldi-Prospekt ging bis zum Europäischen Gerichtshof. Dieser gab mit seinem Urteil vom 26. September 2024 der Verbraucherzentrale Recht.
Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug
Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.
Fehlender Widerspruch gegen Abbuchung ist keine Willenserklärung
LG Limburg, Urteil vom 11.10.2023, 5 O 8/23
Die Unterlassung eines Widerspruchs gegen eine Abbuchung stellt keine Willenserklärung dar. Die unrichtige Behauptung in einem Schreiben, es sei ein Vertrag geschlossen worden, stellt eine unwahre Angabe dar.