Das Wichtigste in Kürze:
- Rückstellungen in der Privaten Krankenversicherung werden gebildet, um hohe Ausgaben für Behandlungskosten im Alter der Kund:innen zu finanzieren.
- Steigen die Ausgaben mehr als ursprünglich angenommen, steigen auch die Beiträge mehr an.
- Wer zu einem anderen Unternehmen wechselt, kann einen Teil der Rückstellungen mitnehmen, sofern der Vertrag beim alten Unternehmen im Jahr 2009 oder später geschlossen wurde.
- Vor einem Unternehmenswechsel sollten Sie zuerst prüfen, ob Sie beim eigenen Unternehmen in einen anderen Tarif wechseln können.
Was sind Alterungsrückstellungen und wie werden sie gebildet?
Die Kalkulation der Beiträge in der Privaten Krankenversicherung (PKV) ist komplex. Sie erfolgt auf versicherungsmathematischer Grundlage. In der PKV müssen die Beiträge wegen der sozialen Bedeutung dieses Versicherungszweiges besonders vorsichtig kalkuliert werden. Da Versicherungsnehmer mit zunehmendem Alter ein immer höheres Risiko haben, zu erkranken, und dies hohe Behandlungskosten nach sich zieht, müssten die Beiträge im Alter sehr stark ansteigen.
Um dies zu verhindern, wird während der gesamten Vertragslaufzeit ein verzinslicher Sparanteil gebildet - die Alterungsrückstellung. Diese Rücklagen werden später verwendet, um die hohen Ausgaben im Alter zu decken. Vom Grundsatz her sollen Alterungsrückstellungen einen möglichst konstanten Beitrag der Versicherung über die gesamte Vertragslaufzeit gewährleisten. Dennoch kommt es für Versicherte zu regelmäßig steigenden Beiträgen - auch im Alter.
Gibt es eine Grenze für die Beitragshöhe in der PKV?
Nein, die gibt es nicht. Manche Kund:innen erhalten bei Vertragsabschluss auch die Information, dass der Beitrag nicht höher ausfallen könne als in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dies stimmt für normale Tarife der PKV nicht. Eine Begrenzung auf den Höchstbeitrag der GKV sehen nur die Sozialtarife Basis- und Standardtarif der PKV vor.
Das Krankheitsrisiko wird stets der gleichen Gruppe zugeordnet, nicht der einzelnen Person. Ausgegangen wird von den Personen mit gleichem Eintrittsalter. Das Risiko wird auf das Kollektiv der Versicherungsnehmer bezogen, ebenso die Beitragskalkulation. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Einzelnen, ist dies kein Grund, um für ihn individuell den Beitrag zu erhöhen. Ferner dürfen die Beiträge nicht deswegen steigen, weil Sie älter werden. Versicherungsnehmer zahlen im Vergleich zu Neukund:innen ihres Alters einen entsprechend niedrigeren Beitrag. Hier wirkt sich die Alterungsrückstellung individuell aus.
Ein Teil der Rückstellungen wird als gesetzlicher Zuschlag gebildet. Hier zahlt man vom 21. Geburtstag bis zum 60. Lebensjahr zehn Prozent des eigenen Beitrags ein. Der Zuschlag zielt darauf ab, Beitragssteigerungen im Alter gering zu halten. Das soll Versicherte nach dem 65. Lebensjahr entlasten. Nach dem 80. Lebensjahr sollen die Beiträge dadurch sinken.
In der Praxis ist dies jedoch häufig nicht der Fall. Der Grund: Stark gestiegene Ausgaben, während Zinserwartungen ausbleiben. Folglich steigen die Beiträge trotz der Rückstellungen regelmäßig weiter an.
Übrigens: Bei Verträgen für Kinder, Jugendliche und Auszubildende werden keine Rückstellungen gebildet.
Weshalb steigen die Beiträge, obwohl Alterungsrückstellungen gebildet werden?
Beiträge und der Alterungsrückstellungen werden mit Hilfe einer Prognose für die zukünftige Entwicklung errechnet. Dabei greifen Versicherungsmathematiker auf Wahrscheinlichkeitstafeln und andere statistische Daten wie Sterblichkeit und Krankheitsrisiken zurück, die im Moment der Kalkulation vorliegen. Die Rechnungsgrundlagen sind nicht statisch, sondern werden als Basis für notwendige Prämienanpassungen laufend beobachtet.
Steigt die Lebenserwartung, hat dies zur Folge, dass medizinische Versorgung länger in Anspruch genommen werden wird. Bei Älteren treten häufiger gleichzeitig mehrere Krankheiten auf (Multimorbidität). Dies verursacht besonders komplexe, kostenintensive Behandlungen. Dadurch steigen die Krankheitskosten weiter an.
Die bisher gebildeten Alterungsrückstellungen reichen schließlich nicht mehr aus, so dass ein zusätzlicher Vorfinanzierungsbedarf entsteht. Die fortschreitende Modernisierung in der Medizin führt ebenso zu steigenden Kosten.
Ein weiterer Grund für Beitragssteigerungen liegt darin, dass Zinserträge geringer ausfallen als ursprünglich angenommen, führt auch dies zu steigenden Beiträgen. All diese Schwierigkeiten sind im Kalkulationssystem angelegt. Leidtragende sind dabei die Kund:innen.
Unter Umständen ist man auch in einem Tarif versichert, den zahlreiche Gesunde verlassen haben und in dem verhältnismäßig viele erkrankte Versicherungsnehmer zurückbleiben. Auch dies kann dazu führen, dass Beiträge angehoben werden.
Was passiert mit den Rückstellungen, wenn ich das Unternehmen oder den Tarif wechsle?
Alterungsrückstellungen bedeuten nicht, dass Sie etwas individuell ansparen. Sie beziehen sich auf das Kollektiv. Die individuelle Summe kann Ihnen Ihr Unternehmen mitteilen. Weigert es sich, bestehen Sie auf diese Angabe. Wer seinen Vertrag bei der Versicherung kündigt, kann seine Rückstellungen nicht ausgezahlt bekommen. Dies hat der Bundegerichtshof bereits im Jahre 1999 entschieden.
Wurde der Vertrag ab 2009 geschlossen, wird bei Kündigung und gleichzeitigem Abschluss eines Vertrages bei einem anderen Unternehmen ein Teil der Rückstellungen auf den neuen Vertrag übertragen. Der alte Versicherer muss Ihnen die Höhe der zu übertragenden Rückstellungen mitteilen. Versicherungsmathematiker können abschätzen, ob die angegebene Höhe der Rückstellungen plausibel ist, wenn ihnen die Vertragsdaten vorliegen.
Prüfen Sie sorgfältig, ob Sie durch einen Wechsel des Versicherungsunternehmens langfristig niedrigere Beiträge zahlen können. Vor allem, wenn Sie dadurch die Rückstellungen beim alten Versicherungsunternehmen verlieren könnten. Bevor Sie das Unternehmen wechseln, prüfen Sie immer auch, ob Sie durch einen Wechsel des Tarifs bei Ihrem Unternehmen sparen können. Die angesparten Alterungsrückstellungen bleiben Ihnen hierbei erhalten.
Eine Beitragserhöhung kann auch auf eine fehlerhafte Kalkulation zurück zu führen sein, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Sie können gerichtlich überprüfen lassen, ob die Kalkulation Ihres Beitrags und damit auch der Alterungsrückstellungen korrekt erfolgte. Hierbei tragen Sie jedoch das Prozessrisiko.