Wie finanzieren sich Wechsel-Bots?
Es gibt drei Modelle, mit denen Wechsel-Bots ihr Angebot finanzieren:
- Der Verbraucher bezahlt nichts. Dahinter steckt jedoch die Finanzierung über Provisionen der Energieversorger an die Wechsel-Bots.
- Prozentuale Beteiligung an der erzielten Ersparnis der Verbraucher (Erfolgsbeteiligung)
- Jährliche Gebühr
Warum gibt es Wechsel-Bots überhaupt?
Der Gas- und Strommarkt in Deutschland ist sehr unübersichtlich: Verbraucher haben es schwer, die Märkte zu überblicken und den für sie passenden Tarif auszuwählen. Zudem werden treue Kunden benachteiligt, da sie keine Boni wie bei einem Vertragswechsel oder Neuabschluss eines Vertrages erhalten.
Der Standpunkt der Verbraucherzentrale: Mit Wechsel-Bots wird nur das Informationsproblem der Verbraucherinnen und Verbraucher verschoben, der Energiemarkt dadurch aber nicht übersichtlicher.
Spare ich wirklich mit der automatischen Tarifoptimierung?
Ob Verbraucher sparen können, hängt zunächst davon ab, wie viel die Wechselservices kosten (z.B. feste Jahresgebühr, feste Beteiligung an Einsparung) oder ob sie kostenlos sind. Vorsicht ist für Verbraucher vor allem bei Dienstleistern mit Erfolgsbeteiligung geboten: Um die Kosten zu berechnen, ziehen die Wechselservices nicht die tatsächliche Ersparnis im Vergleich zum Vorjahr heran, sondern eine Art fiktive Ersparnis zwischen altem und neuen Vertrag. So kann es sein, dass Verbraucher auch dann ein Entgelt zahlen müssen, wenn sie faktisch gar keine Einsparungen oder sogar mehr Kosten als im Vorjahr hatten. Dies zeigte eine Untersuchung des Marktwächters Energie der Verbraucherzentralen im Jahr 2018.
Sind Angebotsbedingungen und AGBs verbraucherfreundlich?
Verbraucher können theoretisch über Wechsel-Bots von günstigen Angeboten erfahren. Dies heißt jedoch noch lange nicht, dass die Tarife besonders verbraucherfreundlich bzw. zu empfehlen sind. Die meisten Wechselservices filtern zwar unseriöse Anbieter heraus und vermitteln keine Tarife mit Vorkasse oder Pakettarife, die für Verbraucher nachteilig sein können. Dennoch empfohlen die Bots im Test häufig verbraucherunfreundliche Tarife mit zu langer Kündigungsfrist oder Folgelaufzeit. Bei einer Untersuchung der Angebote von sieben Wechselservices durch den Marktwächter Energie waren über die Hälfte der Vorschläge mit Konditionen verbunden, die für Verbraucher als nachteilig zu erachten sind: zum Beispiel lange Kündigungsfristen und Boni mit nachteiligen Bedingungen.
Etliche Klauseln in den AGBs der Wechsel-Bots können zudem darauf hindeuten, dass sich die Anbieter der Verantwortung entziehen würden, wenn sie ihre Verkaufsversprechen nicht einhalten. Die Wechselservices schieben letztlich die Verantwortung oder Haftung in entscheidenden Punkten dem Verbraucher zu oder treffen nur schwammige Aussagen. So heißt es in den AGB des Wechsel-Bots SwitchUp in der Klausel 5.2 (b): „Falls Sie uns mit dem Abschluss eines Auftrags beauftragen, sind Sie verantwortlich, die erhaltene Auftragsbestätigung sowie Vertragsunterlagen unverzüglich auf Korrektheit zu überprüfen. Sollte es dabei zu Fehlern bzw. Abweichungen gekommen sein, liegt es in Ihrer Verantwortung, den Anbieter unverzüglich darüber zu informieren.“
Für Verbraucher ist weiterhin bedenklich, dass jene Wechsel-Bots mit Widerspruchsmodell Schweigen als Zustimmung verstehen. Wird ein neuer Tarif vorgeschlagen und ein Verbraucher meldet sich nicht zurück, wird das Schweigen automatisch als Zustimmung zum Wechsel interpretiert. Dies soll auch dann gelten, wenn Verbraucher beispielsweise durch Unfall oder Krankheit verhindert sind und sich nicht zurückmelden können.
Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Verbraucher sollten sich zudem darüber bewusst sein, dass Wechsel-Bots persönliche Daten sammeln: Kontaktdaten, Energieverbrauch, persönliches Verbrauchsverhalten und Anbieterpräferenzen. Selbst wenn die Geschäftsmodelle derzeit nicht auf der Weiternutzung dieser Daten aufgebaut sind, heißt das nicht, dass es in Zukunft genauso sein wird. Bei sozialen Netzwerken wurden die persönlichen Daten auch erst sukzessive zur Geschäftsgrundlage gemacht.
Werde ich tatsächlich entlastet?
Leider ist es nicht so, dass sich Verbraucher nach der Beauftragung um nichts mehr kümmern müssen: Beim Optionsmodell müssen sie weiterhin aus einer Vorschlagsliste einen Anbieter auswählen und somit selbst den Markt sondieren. Die Verbraucherzentrale empfiehlt auch Kunden des Widerspruchsmodells, den vorgeschlagenen Tarif in jedem Fall auf verbraucherunfreundliche Kriterien zu checken. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps, was beim Strom- und Gasvertrag wichtig ist.
Zudem werden Verbraucher in die Pflicht genommen, den Wechsel-Bot auf Preiserhöhungen ihres Energieversorgers hinzuweisen oder den neuen Energieversorger bei fehlerhaften Verträgen selbstständig zu kontaktieren. Die Kunden müssen den vom Wechselservice vorgeschlagenen Tarif aktiv mit der Auftragsbestätigung vergleichen. Sie werden dafür verantwortlich gemacht, falls sie Fehler oder Abweichungen nicht dem Strom- oder Gasanbieter melden. Die Werbeversprechen der Wechsel-Bots suggerieren aber das Gegenteil.
Insgesamt haben Verbraucher durch den Wechselservice also keinen Mehrwert, weil sie sich weiterhin intensiv mit der Auswahl eines Energieversorgers und dessen Tarifdetails auseinandersetzen müssen.
Intransparente Prozesse bei Wechselservices
Wechselservices geben meist vor, die Angebote auf dem Markt genauestens nach dem Bedarf des Kunden zu filtern und nur seriöse Anbieter und Tarife auszuwählen. Weitgehend unklar bleibt jedoch, ob die Verbraucher sich auf die versprochene Qualität verlassen können: Welche Bewertungsmaßstäbe die einzelnen Wechselservices anwenden wird nur sehr vage beschrieben. Für Verbraucher ist außerdem nicht zu erkennen, ob der Wechsel zu einem spezifischen Energieversorger lediglich aufgrund einer Provision für den Wechselservice erfolgt. Opportunistisches Verhalten der Wechsel-Bots kann hier nicht ausgeschlossen werden.
Die Tarifvorschläge, die Kunden von Wechselservices erhalten, sind oft intransparent oder nur unzureichend beschrieben, wie die Untersuchung des Marktwächters Energie zeigte. Bei etlichen Vorschlägen fehlten wichtige Angaben, so dass Verbraucher am Ende die „Katze im Sack“ kaufen. So fehlten zum Beispiel Angaben zur Folgelaufzeit oder zu den genauen Auszahlungsbedingungen der Boni. Als weiteres Transparenzdefizit zeigte die Untersuchung, dass bei manchen Wechsel-Bots die AGBs entweder nicht vorhanden, nur schwer auffindbar oder erst am Ende des Bestellprozesses einsehbar waren.
Was ist, wenn mein Stromanbieter die Preise erhöht?
Bei einer Preiserhöhung haben Kunden ein Sonderkündigungsrecht und können ihren Vertrag wechseln. Wechsel-Bots werben mit der Aussage, dass sich Verbraucher keine Sorgen machen müssen, eine Kündigungsfrist zu verpassen. Unklar ist, ob der automatische Optimierungsservice auch bei Preiserhöhungen greift. Es bleibt offen, wie Wechsel-Bots überhaupt von einer Preiserhöhung erfahren sollen. In der Regel wird nur der Kunde vom Energieversorger informiert, außer er stimmt neben der automatischen Optimierung auch der automatischen Vertragsverwaltung zu, die manche Bots anbieten. Bei Wechsel-Bots können Kunden jedoch auch die automatische Tarifoptimierung ohne Vertragsverwaltung wählen. Kunden können sich also nicht wie versprochen zurücklehnen. Sie müssen aktiv die Benachrichtigungen des jeweiligen Stromanbieters prüfen und bei Preiserhöhungen den Wechsel-Bot informieren. Diese Mitwirkungspflichten werden bei etlichen Wechselservices nicht oder nur unzureichend kommuniziert.
Wie wechsle ich selbst meinen Energieversorger?
Falls Sie Ihren Anbieter oder Tarif wechseln möchten, können Sie dies auch ganz einfach selbst in die Hand nehmen. Lesen Sie, was Sie beim Wechsel eines Energieversorgers beachten sollten.