Ein Verfahren am Europäischen Gerichtshof, eine wichtige Entscheidung des Bundesgerichtshofs, 94 positive Urteile im Sinne der Verbraucher:innen und 86 erfolgreiche Unterlassungserklärungen von Unternehmen – für die Verbraucherzentrale war das Jahr 2023 aus juristischer Sicht sehr erfreulich.
„Wir haben 2023 eine Vielzahl spannender Verfahren geführt und wichtige Urteile für Verbraucherinnen und Verbraucher erstritten “, sagt Gabriele Bernhardt, Leiterin der Stabsstelle Recht.
Klausel in Riesterverträgen rechtswidrig
Im November 2023 endete mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) eine vier Jahre lange Auseinandersetzung um eine intransparente Kostenklausel in Riester-Verträgen. Mit dieser Klausel behielt es sich eine Sparkasse vor, nach Abschluss der Ansparphase zusätzliche Kosten für das Rentenangebot zu erheben, das für die Auszahlung des gesparten Geldes notwendig ist. Diese Klausel sah der BGH als rechtswidrig an. Trotz BGH Urteil lenkt die Sparkasse aber nicht ein, weshalb sich bereits ein neuer Rechtsstreit andeutet.
„Preis-Highlight“ landet beim Europäischen Gerichtshof
Das Landgericht Düsseldorf hat im Mai 2023 eine Klage der Verbraucherzentrale zur grundsätzlichen Klärung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegeben. „Wir haben gegen einen Lebensmittel-Discounter geklagt, weil er unserer Ansicht nach mit der Werbung in seinen Katalogen gegen die neue Preisangabenverordnung verstoßen hat“ erklärt Bernhardt. Werbung mit Preisnachlässen die keine sind, vorgegaukelte Preisreduzierung und Preisschaukelei sind ein großes Ärgernis für Verbraucher:innen. „Entscheidet der EuGH im Sinne der Klage, wäre diesem Problem endlich ein Riegel vorgeschoben“, so Bernhardt weiter. Die Stellungnahmen einiger Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission, die dazu nun abgegeben wurden, stützen die Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale.
Täuschung durch Werbung mit Regionalität abgestellt
Darüber hinaus befasste sich der BGH im November 2023 mit der Nichtzulassungsbeschwerde eines Fleischproduzenten gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg. Dieser besagte, dass der Anbieter Hähnchen aus Sachsen-Anhalt nicht mit der Werbeaussage „von regionalen Höfen“ bewerben darf, wenn diese beispielsweise in Stuttgart verkauft werden. So urteilte Anfang des Jahres erstinstanzlich auch das LG Oldenburg, dessen Entscheidung das Unternehmen bis zuletzt nicht anerkannt hatte. Der BGH wies die Beschwerde zurück, so dass das Urteil des LG Oldenburg rechtskräftig ist. „Verbraucherinnen und Verbraucher, die regionale Lebensmittel kaufen wollen, brauchen verlässliche Informationen. Mit diesem Urteil werden deutliche Grenzen für Werbung mit Regionalität aufgezeigt.“
Wer klagt gegen wen?
Seit Ende 2023 informiert die Verbraucherzentrale die Öffentlichkeit über alle von ihr geführten Verbandsklagen. Verbraucher:innen erfahren so, welche Unterlassungsklagen und welche Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung derzeit laufen. Ein großer Vorteil: Sind sie von dem beanstandeten Verhalten des Unternehmens betroffen, wird die Verjährung ihrer Ansprüche gehemmt. Eine Übersicht über alle aktuellen Verfahren und ausgewählte Urteile der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg finden Interessierte unter www.vz-bw.de/recht.
Der Erfolg in Zahlen
Insgesamt führte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im vergangenen Jahr 454 Verfahren – teils noch offene Vorgänge aus den Vorjahren. 101 neue Klagen wurden 2023 erhoben, 206 Abmahnungen ausgesprochen.
213 Verfahren konnten 2023 beendet werden:
- 94 positive Urteile
- 11 negative Urteile (davon 10 in Berufung durch die Verbraucherzentrale)
- 86 Unterlassungserklärungen
- 22 Einstellungen