Immer mehr Banken und Sparkassen in Deutschland verlangen von ihren Kund:innen Verwahrentgelte für Guthaben auf Giro-, Tagesgeld- und Festgeldkonten. Wer eine entsprechende Vereinbarung nicht akzeptiert, dem droht die Kündigung. Zugleich werden teure und riskantere Alternativen angeboten, damit kein Verwahrentgelt fällig wird.
„Die angebotenen Produkte sind oft nicht bedarfsgerecht. Meist sind sie wegen hoher Kosten zu teuer, sodass sie im aktuellen Zinsumfeld kaum positive Renditen erwarten lassen“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Zudem können höhere Risiken gerade für ältere Menschen, die auf Sicherheit und Verfügbarkeit angewiesen sind, zum Problem werden.“ Betroffenen komme die Anlageempfehlung mitunter teuer zu stehen.
Vorsicht Provisionsfalle
„Die Geldinstitute nutzen die Drohkulisse Verwahrentgelt und jüngst auch die hohe Inflationsrate, um den Ratsuchenden Anlageprodukte wie zum Beispiel Mischfonds, standardisierte Vermögensverwaltungen und private Rentenversicherungen zu verkaufen, für die sie hohe Provisionen erhalten“, weiß Nauhauser. „Wer Negativzinsen ausweichen möchte, landet so schnell in der Provisionsfalle der Banken und Sparkassen“, meint Nauhauser. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat zwei aktuelle und typische Fälle aus ihrer Beratungspraxis veröffentlicht, die die derzeitige Praxis vieler Volksbanken und Sparkassen beschreiben, die jeweils hoch standardisierte Produkte aus dem Verbund vertreiben.
Ob die Geldinstitute Verwahrentgelte überhaupt verlangen dürfen, ist gerichtlich noch umstritten. „Sagen Sie dem Verkäufer klipp und klar, dass Sie sich nicht unter Druck setzen lassen und dass Sie sich die Zeit nehmen werden, den Anlagevorschlag zu prüfen“, rät Finanzexperte Nauhauser.
Verbrauchersprechstunde am 20. April 2022
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg unterstützt die Anlageentscheidung von Verbraucher:innen mit unabhängigem Rat, kostenfreien Online-Seminaren und Informationen auf ihrer Internetseite. Zugleich setzt sie sich politisch dafür ein, dass der gesetzliche Rahmen so geändert wird, dass Verbraucher:innen, die eine Beratung in Anspruch nehmen wollen, tatsächlich auch eine unabhängige Finanzberatung erhalten, die sich ausschließlich an ihrem Interesse ausrichtet.
Zudem bietet die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg am 20. April 2022 um 18 Uhr eine Online-Verbrauchersprechstunde zum Thema Verwahrentgelte an, in der Finanzexperte Niels Nauhauser über Kundenrechte aufklärt und erläutert, warum Verbraucher:innen alternative Anlageangebote von Banken kritisch prüfen sollten. Die Teilnahme ist kostenlos. Interessierte können sich unter www.vz-bw.de/node/71800 anmelden und auch schon vorab ihre Frage einreichen.