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Greenwashing bei der Geldanlage: Werbung mit Nachhaltigkeit

Stand:
Nachhaltigkeit ist für immer mehr Menschen ein wichtiges Thema. Kein Wunder also, dass auch immer mehr Unternehmen mit Nachhaltigkeit werben. Auch bei der Geldanlage wollen viele Verbraucher:innen auf Nachhaltigkeit achten. Doch wir meinen: etliche Angebote halten nicht, was sie versprechen.
Aktienkurve vor grünem Hintergrund

Nachhaltigkeit ist für immer mehr Menschen ein wichtiges Thema. Kein Wunder also, dass auch immer mehr Unternehmen mit Nachhaltigkeit werben. Auch bei der Geldanlage wollen viele Verbraucher:innen auf Nachhaltigkeit achten. Es gibt eine handfeste Klimakrise und viele Menschen wollen auch selbst einen Beitrag leisten, um diese Krise zu überwinden. Kreditinstitute, Fondsgesellschaften und Versicherer bieten Verbraucher:innen eine zunehmend breite Palette von Geldanlagen an, die nachhaltig sein sollen. Doch etliche Angebote halten nicht, was sie versprechen, oder werben zumindest nebulös und intransparent. Finanzdienstleister kassieren mitunter für das gute Gewissen extra ab, ohne den Erwartungen von Verbraucher:innen gerecht werden zu können.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Was nachhaltige Geldanlagen sind, ist bislang gesetzlich nicht definiert. Das liegt auch daran, dass eine einheitliche Definition nicht ganz so einfach ist.
  • Die Daten, auf denen die Nachhaltigkeitsbewertungen beruhen, werden durch Behörden bislang völlig unzureichend überprüft.
  • Bei Offerten, die als nachhaltig beworben werden, ist Skepsis angebracht. Die Gefahr der Irreführung durch Greenwashing und Impactwashing ist groß.
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Sie befassen sich mit der Frage, ob und wie Sie Ihre Anlagesumme in nachhaltige Geldanlagen investieren können? Die große Herausforderung dabei: welche Geldanlagen sind denn eigentlich nachhaltig und wie können Sie diese erkennen? Mit unserem Text möchten wir Ihnen eine Entscheidungshilfe an die Hand geben.

Was sind nachhaltige Geldanlagen?

Nachhaltigkeit ist eine Eigenschaft, die Geldanlagen zugewiesen werden kann. Bei Geldanlagen kann man nach der rechtlichen Stellung der Anleger:innen zwischen Gläubiger:in und Inhaber:in unterscheiden:

  • Gläubigerrechte: Hier verleihen Sie Geld gegen Zinsen, entweder an Banken, Staaten oder an andere Unternehmen. Neben den typischen Einlagen bei Banken, etwa Festgeld oder Sparbriefe, unterscheidet man noch an der Börse gehandelte Schuldverschreibungen (Anleihen) sowie direkte Darlehen an Unternehmen. Als Gläubiger:in haben Sie kein direktes Mitspracherecht bei der Geschäftspolitik.
  • Inhaberrechte: Hier investieren Sie Geld in Unternehmen, etwa durch den Kauf von Aktien oder Genossenschaftsanteilen. Die Anleger:innen stellen dem Herausgeber des Geldanlageangebots Geld zur Verfügung und erhalten im Gegenzug z.B. Dividenden, einen Firmenanteil oder ein direktes Mitspracherecht

Gerade bei Geldanlagen, die nachhaltig sein sollen, sucht man sich gezielt aus, welchem Staat oder welchem Unternehmen man sein Geld anvertraut oder auch nicht. Man berücksichtigt also in irgendeiner Form ethische, soziale oder ökologische Kriterien, womit Nachhaltigkeit gemessen werden soll. Die Messung von Nachhaltigkeit übernehmen meist sogenannte Rating-Agenturen. Deren Geschäftsmodell ist es, Nachhaltigkeits-Ratings an Anbieter von Finanzprodukten zu verkaufen. Nachhaltigkeit wird dabei sowohl auf einzelne Finanzprodukte (z.B. das Festgeld bei einer bestimmten Bank, eine bestimmte Aktiengesellschaft) oder auf ganze Portfolios bezogen (z.B. ein Aktienfonds, eine Lebensversicherung). Verkauft oder vermittelt werden diese Geldanlagen von Banken sowie Anbietern von Investmentfonds, Lebensversicherungen und anderen Finanzprodukten.

Es gibt aber weder eine staatliche Institution, die die Einhaltung von Nachhaltigkeitsversprechen kraft originärer Zuweisung und unaufgefordert kontrolliert, noch ein gesetzlich geregeltes Kennzeichnungssystem für nachhaltige Geldanlagen. Jeder Anbieter versteht unter ökologischen, nachhaltigen, grünen oder klimafreundlichen Anlagen etwas Anderes. Eine Regelung ist mit der sogenannten Taxonomie-Verordnung in Sicht, aber ihre konkrete Ausgestaltung ist noch offen. Damit stellt sich die Frage, wie Nachhaltigkeit heute in der Praxis überhaupt gemessen wird.

Wie wird Nachhaltigkeit überhaupt gemessen?

Die Angaben über die Nachhaltigkeitsmerkmale stützen die Rating-Agenturen und Finanzdienstleister in der Regel auf folgende Informationsquellen:

  • freiwillige Angaben der Herausgeber der Geldanlage in sogenannten Nachhaltigkeitsberichten
  • gesetzliche Pflichtangaben (bei Unternehmen in Geschäftsberichten, bei Staaten in politischen Berichten) sowie
  • freiwillige Auskünfte gegenüber Dritten.

 

Die Bewertungen von Rating-Agenturen, man spricht hier von ESG (environment, social und governance) und SRI (socially responsible investment) Ratings, beruhen auf all diesen Informationen. Auch im Marketing für die Geldanlage tauchen die Abkürzungen ESG und SRI auf. Da es keine gesetzlichen Vorgaben für derartige Ratings gibt, können die Ergebnisse sehr unterschiedlich sein. Entscheidend ist aber, dass der Wahrheitsgehalt der Rating-Aussagen faktisch nicht überprüfbar ist – entweder, weil es mit sehr hohem Aufwand verbunden ist, oder weil gar nicht alle notwendigen Informationen über Abläufe in den Unternehmen öffentlich verfügbar sind.

Was ist Greenwashing?

Unter Greenwashing ist im Allgemeinen jede Kommunikation zu verstehen, die ein Wirtschaftssystem, eine Branche, ein Unternehmen, dessen Produkte bzw. Prozesse als umweltschonend (nachhaltig) oder umweltschonender (nachhaltiger) darstellt, als es den Gegebenheiten entspricht.

Unternehmen betreiben Greenwashing, weil sie sich davon ein positives Image, höheren Produktabsatz, höhere Preise, schwächere Regulierung oder eine stärkere Lobby versprechen.
Verbraucher:innen können in der Regel einem Produkt, einer Dienstleistung, einem Prozess oder einem Unternehmen dessen Umweltwirkung allerdings nicht ansehen. Sie werden mittels Greenwashing über deren wahre Umweltwirkung getäuscht. Folgenden Formen von Greenwashing gibt es:

  • Verschweigen: Betonung einer umweltfreundlichen Eigenschaft, andere umweltschädigende Eigenschaften werden unter den Tisch fallengelassen;  z.B. Inhaltsstoffe
  • Fehlende Belege: keine Informationen und wissenschaftliche Belege für die umweltschonende Aussage
  • Unzutreffende Argumentation: "grüne Projekte" unterstützen, unlogische Begründung (z.B. nur weil viel Geld ausgegeben wurde), Werbung mit „grünen“ Promis
  • Vage Begriffe: „grün“, „natural“, „aus bis zu 70 % recyceltem Material“, „Enthält keine Mikro-Plastik-Kügelchen“
  • Fake-Labels: Firmeneigene Labels sind Labels, die auf Selbstauskünften von Unternehmen beruhen oder einfach nur Nachhaltigkeit symbolisieren sollen
  • Beschönigendes Design: Farbgestaltung, alles grün, natürlich etc.
  • Manipulation von Prozessen:  etwa die Manipulation von Prüfungen oder Tests, die mit Hilfe von Software durchgeführt werden
  • Missbrauch von staatlichen Zertifizierungen: insbesondere von freiwilligen, staatlichen Zertifizierungen (z.B. EMAS, ISO 14001), mit denen Unternehmen versuchen den Eindruck zu erwecken, dass ihre Produkte oder Prozesse umweltfreundlicher sind als dies die Zertifizierung hergibt

Vorsicht bei „Impact Investments“ und irreführenden Wirkungsversprechen

Wenn Geldanlage etwas bewirken soll (oft ist dann von einem impact investment die Rede), müssen Sie unterscheiden zwischen der Wirkung, die Sie als Anleger:in mit Ihrer Anlageentscheidung hervorrufen (investor impact) und der Wirkung, die auf der Ebene des Unternehmens entsteht, dem Sie Ihr Geld gegeben haben (company impact). Zwei Beispiele erläutern den Unterschied, wobei wir hierbei bewusst die eben beschriebene Problematik der Nachhaltigkeitsmessung einmal außen vorlassen:

  • Company Impact: Hersteller oder Betreiber von Windkraftanlagen stoßen zwar auch CO2 aus, leisten aber mit ihrem Produktangebot einen Beitrag zur Energiewende und damit zu einem sinkenden CO2-Ausstoß – vorausgesetzt durch die neuen Windkraftanlagen geht zum Beispiel der CO2-Ausstoß aufgrund der Kohleverstromung zurück. Sie haben dann einen Company Impact. Alle Unternehmen, ob man ihnen nun einen positiven oder negativen Impact zuschreibt, sind aber stets der Gewinnerzielung verpflichtet. Sie können es sich auf Dauer nicht leisten, Verluste zu erwirtschaften. Die Erzielung eines positiven Company Impact ist damit stets dem Unternehmenszweck Gewinnerzielung untergeordnet.
  • Investor Impact: Ihre Geldanlage ermöglicht den Kauf und den Betrieb einer Photovoltaikanlage. Ohne Ihr Geld würde die Anlage nicht finanziert werden, weder von Banken noch von anderen Anleger:innen. Dann, und nur dann, können Sie für Ihre Anlage eine Wirkung verbuchen, die darin besteht, dass Sie dazu beigetragen haben, dass Solarstrom produziert wird.

Anders wäre es, wenn Sie Aktien eines Herstellers von Windparks an der Börse kaufen – hier hat Ihre Anlageentscheidung keinerlei direkte Wirkung (investor impact) erzielt. Ob Sie nun die Aktien besitzen oder jemand anders oder etwa eine Fondsgesellschaft, ändert nichts am Umsatz des Unternehmens. Davon hängt nicht ab, ob ein Windrad verkauft und gebaut wird. Der Kauf von Aktien ändert unmittelbar weder den CO2-Ausstoß der gekauften Aktiengesellschaften noch den der übrigen „nicht nachhaltigen“ Aktiengesellschaften.

Betrachten Sie Wirkungsversprechen daher immer mit Skepsis. Die Frage, ob die behauptete Wirkung eintritt oder nicht, kann in der Praxis kaum beantwortet werden (Siehe Abschnitt Greenwashing und Impactwashing).

Möchten Sie sich mit der konkreten Wirkung Ihrer Geldanlage näher auseinandersetzen? Dann finden Sie in einem vom vzbv beauftragten Gutachten  weitere Informationen. Außerdem haben Forscher der Universität Zürich hierzu einen Anlageleitfaden herausgegeben, der hier abrufbar ist (derzeit nur in englischer Sprache).

Was am Markt als nachhaltige Geldanlage verkauft wird

Anbieter von Finanzprodukten legen in der Praxis mehr oder weniger nach eigenem Gutdünken selbst fest, was sie als nachhaltige Geldanlage betrachten. Auch sogenannte nachhaltige Banken definieren häufig jeweils für ihr eigenes Angebot ihre eigenen Standards. Entsprechend variationsreich ist das Angebot. Einige gängige Herangehensweisen, Nachhaltigkeit zu definieren, beschreiben wir hier etwas näher. In der Praxis werden sie zum Teil auch miteinander kombiniert. Wichtig: Machen Sie sich bewusst, dass die Messung der Nachhaltigkeit jeweils auf den oben genannten, faktisch nicht überprüfbaren Informationen beruht und dass verschiedene Rating-Agenturen selbst bei identischer Informationslage zu unterschiedlichen Ratings gelangen können:

Gezielte Investitionen (Positivkriterien)

Hierbei ist es das Ziel, unter gleichartigen Anlagemöglichkeiten diejenigen zu identifizieren und zu bevorzugen, die im Sinne der Nachhaltigkeit besser zu bewerten sind. Nach bestimmten Kriterien wird festgelegt, in welche Unternehmen und Branchen investiert wird. Dazu zwei Beispiele zur Verdeutlichung des Ziels und der damit verbundenen Frage, ob dies Ihren Erwartungen gerecht wird:

  • Erneuerbare Energien: Bevorzugung von Unternehmen, die die Anwendung erneuerbarer Energien fördern und entwickeln. Kritiker können einwenden, dass Gezeitenkraftwerke, Windräder, Staudämme oder die Produktion von Biodiesel ökologisch schwerwiegende negative Folgen haben können.
  • Soziales: Bevorzugung von Unternehmen, welche ihre Mitarbeiter fair bezahlen und sich für gute Arbeitsbedingungen einsetzen. Nun kann ein Unternehmen aber „sozial“ sein und zugleich „umweltschädlich“. Wie geht man damit in einem Rating um? Wie saldiert man den Umweltschaden mit einem positiven Umgang mit der eigenen Belegschaft?
In „die Besten“ investieren (Best-In-Class)

Die Anbieter wählen hierbei unter den Anlagemöglichkeiten solche aus, die in der jeweiligen Branche im Sinne der Nachhaltigkeit besser zu bewerten sind: die „Klassenbesten“. Keine Branche wird von vorneherein ausgeschlossen. Deshalb können auch Wirtschaftszweige wie die Erdöl-, die Atom- oder die Rüstungsindustrie im Portfolio landen. Dahinter steckt die Hoffnung, dass so auch die weniger engagierten Branchenvertreter animiert werden, es dem "Klassenbesten" Unternehmen gleich zu tun und in ihrem ESG-Rating künftig besser abzuschneiden, indem sie ihr soziales, ethisches und ökologisches Engagement verstärken. Es handelt sich hierbei aber nur um eine Hoffnung, denn Belege, dass diese berechtigt ist, gibt es aus der Forschung bislang nicht.

Ausschluss von bestimmten Investitionen (Negativkriterien)

Hierbei werden aus den Anlagemöglichkeiten diejenigen aussortiert, welche gemäß eines Kriterienkatalogs als nicht nachhaltig gelten. Folgendes Beispiel zur Verdeutlichung des Ziels und der damit verbundenen Frage, ob dies Ihren Erwartungen gerecht wird:

  • Ausschluss von Atomenergie, Waffen, Tabak und Alkohol. Die Mitarbeiter eines Atomkraftwerkes können noch so gut bezahlt werden und noch so gute Arbeitsbedingungen vorfinden, das Unternehmen wird aufgrund seines Geschäftszweckes ausgeschlossen. Abgesehen davon wird etwa in Frankreich und Deutschland über die ökologischen Eigenschaften der Atomenergie sehr kontrovers diskutiert. Für die einen ist das klimafreundliche Energieerzeugung, für die anderen wegen des Mülls ein ökologisches Desaster.

Ausschlusskriterien sind natürlich sehr viele denkbar. Es stellt sich die Frage, ob ein Anlagenbauer wie z.B. Siemens, der auf ganz vielen unterschiedlichen Geschäftsfeldern, die alle hinsichtlich der Nachhaltigkeit unterschiedlich bewertet werden können, ausgeschlossen werden soll, sobald er Umsatz in einem problematischen Bereich erzielt. Denken Sie beispielsweise an die Vorwürfe, Siemens würde die Kohlegewinnung unterstützen durch den Verkauf von Signaltechnik für eine Kohlemine an den australischen Adani-Konzern (Kritik des WWF ist hier nachzulesen). Aufgrund dieser Schwierigkeit sind Negativkriterien regelmäßig mit Bagatellgrenzen versehen: Dann greift das Negativkriterium erst, sobald der Umsatzanteil in einem bedenklichen Feld eine Schwelle von zum Beispiel 5 oder 15 Prozent überschreitet.

Bedenken Sie ferner, dass Negativkriterien nur auf Ebene des zu bewertenden Unternehmens herangezogen werden. Bezieht ein „sauberes“ Unternehmen Waren von einem „schmutzigen“ aber günstigeren Zulieferer, um seinen Gewinn zu maximieren, ändert dies die Nachhaltigkeitsbewertung nicht. Gleiches gilt, wenn ein „sauberes“ Unternehmen Umsatz und Gewinn aus dem Verkauf seiner Produkte auch dadurch erzielt, indem es „schmutzige“ Unternehmen beliefert.

Einflussnahme, Mitbestimmung (Engagement)

Einige Finanzanbieter wie Fondsgesellschaften, Versicherungen oder Banken versprechen, in den direkten Dialog mit Aktiengesellschaften zu treten oder ihre Stimmrechte als Aktionäre dazu zu nutzen, um auf die Unternehmenspolitik einzuwirken. Durch diese Einflussnahme soll das Unternehmen „nachhaltiger“ werden. Es mag Beispiele geben, wo dies gelungen ist. Aber wie genau die Finanzanbieter die Aktionärsrechte ihrer Anleger:innen nutzen, das muss nicht offengelegt werden – und selbst wenn, die Aussage ist durch Dritte nicht überprüfbar und damit als Information nicht mehr wert als ein Lippenbekenntnis.


Irreführung durch Greenwashing und Impactwashing

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist im Rahmen ihrer Verbandsklagebefugnis bereits gegen einige rechtswidrige Praktiken von Finanzdienstleistern vorgegangen. Nicht jede Werbung, die wir für irreführend halten, ist dabei auch im rechtlichen Sinne irreführend und damit rechtswidrig. Die Anforderungen der Gerichte an die Werbung der Unternehmen setzen am geltenden Rechtsrahmen an. Für die Werbung mit Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten gibt es keine besonders strengen gesetzlichen Vorgaben. Dennoch war die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bereits in einigen Fällen erfolgreich.

Die Dekabank hatte auf ihrer Internetseite für ihren Fonds „Deka Nachhaltigkeit Impact Aktien“ geworben. Da hieß es dann zum Beispiel:

       „Investieren mit positivem Einfluss“

„Wer heute Geld anlegen möchte, kann sich für nachhaltige Anlageformen entscheiden, die verantwortungsvoll investieren und eine positive Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft haben.“

„Mit Ihrer Geldanlage von 10.000 Euro haben Sie eine Wirkung auf die folgenden nachhaltigen Kriterien: 830 kWh erneuerbare Energien werden produziert, 6,71 Tonnen Abfall werden eingespart, 575 kg CO2 werden eingespart.“

Es handelte sich um einen Aktienfonds, der anhand von ESG-Daten über Aktiengesellschaften zusammengestellt wird, welche von der Ratingagentur MSCI erhoben werden. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warf der Dekabank vor, nicht deutlich genug darauf hingewiesen zu haben, dass das alles nur auf Schätzungen beruht. Die Bank versprach in der Werbung anhand eines Impact-Rechners, dass Anleger:innen mit ihrer Geldanlage eine konkrete Wirkung erzielen würden und welche Wirkung durch den Erwerb des Aktienfonds eintrete (investor impact). Zudem berücksichtigte die Bank nicht die Wirkung aller Unternehmen des Portfolios, wie sie selbst auf einer Unterseite einräumte. Bei der Wirkungsmessung habe die Bank erklärtermaßen solche Unternehmen unberücksichtigt gelassen, zu denen ihr keine Daten über diese Wirkung vorlägen. Wenn die Dekabank aber keine Daten hat, kann sie auch nicht ausschließen, dass die Wirkung eines Unternehmens negativ bezogen auf ein Nachhaltigkeitsmerkmal ist.
Die Verbraucherzentrale hatte die Dekabank wegen mangelnder Transparenz diesbezüglich in Anspruch genommen, nach Einreichung der Klage lenkte die Dekabank ein und anerkannte den Klaganspruch, (weitere Informationen).

Auch gegen die Tomorrow GmbH ist die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rechtlich erfolgreich vorgegangen. Die Tomorrow GmbH hat auf die Abmahnung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und sich verpflichtet, künftig nicht mehr mit einer Aussage „Dein CO2- Fußabdruck kompensiert“ zu werben, wenn nicht zugleich näher erläutert wird, was die Anbieterin mit dieser Aussage sagen möchte. Natürlich ist es äußerst attraktiv den eigenen CO2 Fußabdruck zu kompensieren – Aber woher soll das Unternehmen diesen denn kennen und exakt kompensieren können? Jeder Mensch hat einen individuellen CO² Fußabdruck, der auch stetigen Veränderungen unterworfen ist – solche ultimativen Werbeaussagen halten wir deshalb für schlicht irreführend. Abgesehen davon ist die Nachhaltigkeitswirkung von Ausgleichszahlungen zur Kompensation des CO2 Ausstoßes durchaus umstritten (weitere Informationen).

Die CommerzReal hingegen hat nach Abmahnung durch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg keine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Verbraucherzentrale hat deshalb Klage beim Landgericht Stuttgart erhoben. Das Landgericht hat in seinem mittlerweile rechtskräftigen Urteil entschieden, dass es unzulässig ist, für ein bestimmtes Investment mit einer positiven ökologischen Wirkung in der Weise zu werben, das der Verbraucher den von der Investitionssumme abhängigen „CO²-Ausgleich“ als positive Wirkung auf den „persönlichen CO²-Fußabdruck“ unter Angabe konkreter Einsparergebnisse berechnen kann, wenn dieser dem Fonds zugeschriebene messbare Beitrag nur ein unverbindliches Anlageziel ist.

Nachdem die CommerzReal nach dieser Entscheidung ihre Werbung verändert hatte, hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eine weitere Werbeaussage angegriffen. Die Anbieterin hat für einen Fonds mit dem Hinweis auf eine „messbare“ ökologische Wirkung geworben. Es wird in der Werbung allerdings nicht weiter erläutert, welche Messungen welche Ergebnisse belegen. Dieses Verfahren ist nun beim Landgericht Stuttgart anhängig (weitere Informationen). Sie widerspricht damit ihrer eigenen Werbeaussage.

Wie sind nachhaltige Geldanlagen zu erkennen?

Aus der Perspektive der Anleger:innen ist einer Geldanlage Nachhaltigkeit nicht anzusehen. Anleger können auch Aussagen über die Nachhaltigkeit einer Geldanlage nicht selbst überprüfen. Der Aufwand dafür ist viel zu hoch. Um nun Verbraucher:innen die Überprüfung der Nachhaltigkeitsaussagen der Herausgeber der Geldanlage sowie der Anbieter, die Finanzprodukte mit Nachhaltigkeitsmerkmal bewerben, möglich zu machen, müssten Außenstehende (Dritte) einen umfassenden Einblick in deren Geschäftsprozesse haben. Ein solcher Einblick müsste dabei auch gegen Widerstand der Anbieter und der Unternehmen möglich sein, denn nur dann wäre es tatsächlich möglich, Geschäftsprozesse nachzuvollziehen.

Die Bewertung muss daher von einer staatlichen Institution oder von einer durch den Staat mit Hoheitsrechten ausgestatteten Institution auf Grundlage eines gesetzlichen Kennzeichnungssystems erfolgen. Nun gibt es aber weder eine solche Institution noch ein gesetzliches Kennzeichnungssystem. Private Gütezeichen und die Bewertungen privater Ratingagenturen sind aus der Perspektive der Verbraucher:innen keine Lösung. Die Agenturen, die diese Gütezeichen vergeben, können aber nicht gegen den Willen der Anbieter den Einblick in die Geschäftsprozesse nehmen, der für die Verifikation erforderlich wäre . Gütezeichen und Ratings beruhen außerdem auch oder ausschließlich auf Selbstauskünften der Anbieter. Sie sind also keine verlässliche Informationsquelle.

Wollen Verbraucher:innen sich auf Ratings nicht verlassen, können sie anhand eines Geschäftsberichts zwar selbst Einblick nehmen in Unternehmen, die Aktien oder Anleihen herausgeben. Gleiches geht auch bei Banken, die Nachhaltigkeitsstandards in der Kreditvergabe berücksichtigen. Anhand der Geschäftsberichte ist immerhin erkennbar, welche Waren und Dienstleistungen ein Unternehmen (als Herausgeber von Anleihen und Aktien) anbietet, womit es also sein Geld verdient. Ebenfalls kann man dort nachlesen, welche Investitionen eine Bank mit Nachhaltigkeitsstandards finanziert hat. Aber Schlussfolgerungen hinsichtlich Nachhaltigkeit, Ethik oder Ökologie sind nur bedingt möglich. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit eines Unternehmens. So mag ein Hersteller von Fahrrädern oder Windparks verglichen mit einer Fluggesellschaft oder einem PKW Hersteller als umweltfreundlich gelten. Ob seine Produktionsprozesse aber tatsächlich als nachhaltig zu bewerten sind und ob er darauf achtet, dass auch Zulieferer nachhaltig produzieren, sagt ein solcher Branchenvergleich nicht aus.

Wie steht die Verbraucherzentrale dazu?

Vor dem geschilderten Hintergrund ist es der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht möglich, Geldanlagen zu benennen, die verlässlich als nachhaltig gelten können. Die Verbraucherzentrale setzt sich daher politisch für ein gesetzliches Kennzeichnungssystem mit hoheitlicher Kontrolle ein.

Was können Sie also tun?

Machen Sie sich bei Ihrer Entscheidung stets bewusst, dass Sie Aussagen zur Nachhaltigkeit einer Geldanlage nicht überprüfen können. Wie auch immer Sie sich entscheiden, Ihre Entscheidung beruht auf Ungewissheit.

Machen Sie sich bewusst, welche Kriterien Ihnen wichtig sind: Legen Sie Wert auf den Ausschluss von als nicht nachhaltig betrachteten Branchen oder legen Sie Wert auf die Zusammenstellung von Geldanlagen, die von Unternehmen herausgegeben werden, deren Tätigkeit als nachhaltig betrachtet wird?

Wenn Sie sich für eines dieser Kriterien entscheiden, dann machen Sie sich bewusst, auf welchen Aussagen die Bewertung beruht und welche Informationen nicht einbezogen werden: Halten Sie etwa Atomkraftwerke oder Windräder für nachhaltig? Welcher Aspekt der Nachhaltigkeit ist Ihnen wichtiger: Sollen die Finanzprodukte eher von Unternehmen stammen, die ökologisch handeln oder eher von Unternehmen, die sich für die Einhaltung von Menschenrechten engagieren? Diese Liste an für Sie relevanten Fragen lässt sich beliebig erweiterten und weiter differenzieren.

Machen Sie sich bewusst, dass mit der Geldanlage Mitbestimmungsrechte an Unternehmen verbunden sein können. Mitbestimmungsrechte können Sie nutzen oder Dritte mit der Nutzung beauftragen lassen, um auf die Geschäftspolitik der Unternehmen Einfluss zu nehmen (sogenanntes „impact investment“), indem Sie in einen Dialog mit dem Unternehmen treten, beziehungsweise durch Ausübung ihres Stimmrechts als Aktionär (Unternehmensanteilseigner).

Bedenken Sie, dass viele Anbieter für als nachhaltig beworbene Produkte höhere Entgelte verlangen. Banken, Lebensversicherer und Fondsgesellschaften können die strukturell vorhandene Informationsasymmetrie zu Lasten der Verbraucher:innen ausnutzen. Höhere Kosten gehen aber stets zu Lasten der Rendite. Teilweise werden auch besonders riskante Produkte angeboten. Informieren Sie sich daher stets über die Produkteigenschaften bevor Sie einen Vertrag schließen.

Wenn Sie Unterstützung benötigen, kann die Verbraucherzentrale Sie beraten und bewerten, inwiefern Produkte zu Ihren Vorstellungen von Rendite(chancen), Risiko und Flexibilität passen.

Was kann man noch tun für mehr Nachhaltigkeit?

Ob mit dem Instrumentarium der Geldanlage Verbraucher überhaupt einen Beitrag dazu leisten können, dass das Wirtschaften insgesamt nachhaltiger wird, ist unklar. Denn Anleger haben keinen Einfluss auf die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Solange der Verkauf von Gütern und Dienstleistungen, die nicht nachhaltig sind, legal und profitabel ist, ist anzunehmen, dass Unternehmen diese anbieten werden.


Politisches Engagement und Ihr politisches Mitbestimmungsrecht sind die Mittel der Wahl, um Einfluss auf die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens zu nehmen.

Übersicht Verfahren

Anbieter Gericht Inhalte der Abmahnung/Unterlassungsklage
Oskar.de GmbH Außergerichtlich/Unterlassungserklärung

Werbung mit der Behauptung, bei einer Investition in einen „nachhaltigen ETF“ würden Unternehmen ausgenommen, die z.B. der Umwelt schadeten, Waffen herstellten oder sozial unverantwortlich (= kritische Bereiche) handelten, wenn der Indexanbieter des ETF gleichwohl solche Emittenten berücksichtigt, die in Bezug auf diese kritischen Bereiche einen vom Indexanbieter bestimmten Schwellenwert überschreiten.

Werbung mit Empfehlung von bestimmten Verlagen und mit Auszeichnungen, ohne zu erläutern, wo sich Verbraucher:innen über die Richtigkeit der Behauptungen sowie über die Hintergründe der angeblichen Empfehlungen, Auszeichnungen und Testergebnisse informieren können.

LIQID Asset Management GmbH

 

Eine zunächst abgegebene Unterlassungserklärung wurde von LIQID angefochten bzw. gekündigt. Die Wirksamkeit des Unterlassungsvertrags ist Gegenstand einer Feststellungsklage der Verbraucherzentrale. Das LG Berlin hat die Klage abgewiesen (Az. 52 O 274/22, 20.07.2023, das Verfahren ist nun anhängig am Kammergericht Berlin unter Az. 5 U 79/23).

 

Die Verbraucherzentrale lässt im Rahmen einer Feststellungsklage gerichtlich überprüfen, ob die von Liqid nach einer Abmahnung abgegebene Unterlassungserklärung noch Gültigkeit hat. Liqid hat die Unterlassungserklärung nachträglich gekündigt. Nun muss das Gericht entscheiden, ob die Kündigung wirksam war oder nicht.

Ursprünglich hatte die Verbraucherzentrale Liqid abgemahnt wegen einer Werbung für Investition in Unternehmen, die angeblich strengsten ökologischen, sozialen und ethischen Wertmaßstäben gerecht werden, obwohl nach dem Inhalt der angegriffenen Werbungen und dem Eindruck, den Verbraucher:innen gewinnen mussten, zu den empfohlenen Teilen des Investments auch Anleihen- und Gold-Investments zählen.

Ferner hat die Verbraucherzentrale Werbung mit der Vergabe von Testsiegeln ohne nähere Erläuterungen zum Test und Nennung der Quelle beanstandet. Daraufhin hatte Liqid eine Unterlassungserklärung abgegeben, in der sie mitteilte, dass sie diese in dem Vertrauen darauf abgebe, dass die Verbraucherzentrale über den Abschluss und den Inhalt dieser Unterlassungserklärung Stillschweigen bewahre. Die Verbraucherzentrale ist der Auffassung, einer Stillschweigeverpflichtung nicht zugestimmt zu haben.

LIQID Asset Management GmbH LG Berlin, Urteil vom 12.07.2023 (Az. 101 O 68/22, das Verfahren ist nun anhängig am Kammergericht Berlin  unter Az. 5 U 83/23) Werbung für Finanzprodukte mit einer besonderen Nachhaltigkeitsstrategie (LIQID Impact), wenn im Abfrageprozess zur persönlichen Anlagestrategie dem Verbraucher dann ein Produkt empfohlen wird, das nicht der Nachhaltigkeitsstrategie unterfällt (LIQID Select), ohne den Verbraucher auf diesen Umstand transparent hinzuweisen.
bunq B.V.

Außergerichtlich/Unterlassungserklärung

Werbung für Abschluss eines Girokontovertrags u.a. mit „und werde in nur 2 Jahren klimaneutral“, „Werde klimaneutral in 2 Jahren“, „Pflanze einen Baum für je 100 €, die du ausgibst“ ohne nähere Erläuterungen und Informationen.
Tomorrow GmbH Außergerichtlich/
Unterlassungserklärung
Werbung mit dem Hinweis „erstes klimaneutrales Girokonto“ und „kompensiere deinen CO2-Fußabdruck“ ohne nähere Erläuterungen und Informationen.
Commerz Real Fund Management S.a.r.l.

LG Stuttgart, Urteil vom 10.01.2022 (Az. 36 O 92/21 KfH)

 

Werbung für Investitionen mit positiver ökologischer Wirkung unter Angabe konkreter CO2-Einsparergebnisse, obwohl dieses Einsparziel nur unverbindliches Anlageziel ist.
Commerz Real Fund Management S.a.r.l.

LG Stuttgart, Urteil vom 06.02.2023 (Az. 35 O 97/22 KfH)

Werbung für Fonds „klimaVest“ mit der Aussage, der Fonds habe eine „messbare“ ökologische Wirkung, ohne dass in der Werbung erläutert wird, welche Messungen welche Ergebnisse belegen.

Werbung mit Auszeichnung, ohne zu erläutern, wo sich Verbraucher:innen über die Richtigkeit der Behauptungen sowie über die Hintergründe der Auszeichnung informieren können.

Stuttgarter Versicherung a.G

Außergerichtlich/
Unterlassungserklärung

 

Werbung für „nachhaltige Investition“ als „grüne Rente“, ohne, dass die Rahmenbedingungen und wesentlichen Informationen gegeben werden, warum diese Investition nachhaltig sein sollte.
DekaBank Deutsche Girozentrale

LG Frankfurt am Main, Anerkenntnisurteil vom 09.04.2021 (Az. 3-06 O 57/20)

 

Werbung für Investment unter Herausstellung konkreter ökologisch positiver Wirkungen, wobei auf den Umstand, dass diese Angaben alleine auf Schätzungen beruhen und auch nicht alle Unternehmen das Fonds in die Schätzung einbezogen wurden, nicht transparent hingewiesen wurde.
Deutsche Kreditbank AG (DKB) Klage eingereicht /Verfahren durch Unterlassungserklärung beendet Werbung für ein Girokonto mit der Behauptung, das eingezahlte Geld würde in ökologisch und soziale Produkte in ganz Deutschland investiert, ohne transparenten Hinweis darauf, wo weitere Informationen zu Art und Umfang dieser Investitionen bereitgehalten werden.
DWS Investment GmbH

Klage eingereicht, LG Frankfurt (Az. 3-10 O 83/22)

Verfahren durch Unterlassungserklärung beendet

Werbung, Anleger würden mit ihrem Fondsvermögen zu 0% in Unternehmen aus bestimmten kontroversen Sektoren wie „Kohle“ oder „Rüstungsgüter“ investieren, ohne transparent zu erläutern, wie die DWS zu diesen Angaben gelangt.

Werbung anhand verschiedener umwelt- und nachhaltigkeitsbezogener Kriterien für Vorteile ihres Fonds gegenüber einer Anlage gemäß eines Referenzwerts, ohne für den Fonds sowie den Referenzwert nachvollziehbar darzulegen, wie die CO2 Ausstoßwirkung berechnet wird.

Werbung mit Aussage, Anleger im DWS Invest ESG Climate Tech Fonds würden „gezielt in die Erreichung der Klimaziele“ investieren, und sie würden „durch gezieltes investieren mithelfen, dem Klimawandel entgegenzuwirken“ oder dessen Auswirkungen abzumildern, ohne transparent nachvollziehbar dazulegen, worauf die DWS diese Aussagen stützt.

 


Alles zum Nachhören: Podcast-Folge Greenwashing

 

 

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