Die Fondsgesellschaft ZBI Fondsmanagement GmbH (Union Investment Gruppe) hat die Anleger:innen des offenen Immobilienfonds „Unilmmo: Wohnen ZBI“ im Juni dieses Jahres darüber informiert, dass sie die Anteilspreise um rund 17 Prozent herabgesetzt hat. Über Nacht haben die Anleger:innen damit insgesamt rund eine Milliarde Euro verloren. Dieser Verlust kam für viele überraschend - im Basisinformationsblatt aus Dezember 2023 hatte ZBI noch einen Risikoindikator von 2 für den Fonds angegeben. Das bedeutet: Das Risiko möglicher Verluste wird als gering eingeschätzt. Nach Auffassung der Verbraucherzentrale hätte bei diesem – wie bei vielen anderen offenen Immobilienfonds – grundsätzlich ein Risikoindikator von 6 angegeben werden müssen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat deshalb Klage gegen die ZBI Fondsmanagement GmbH vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eingereicht.
„Dass offene Immobilienfonds die gleiche oder sogar eine niedrigere Risikokennzahl haben als ETFs auf kurzfristige deutsche Staatsanleihen, ist geradezu absurd“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die Risikokennzahl soll Anleger:innen dabei helfen einzuschätzen, wie risikoreich eine Anlage ist. Eine so niedrige Risikokennzahl bei offenen Immobilienfonds täuscht darüber hinweg, wie riskant diese Anlagen tatsächlich sind. Auf einige Jahre steigender Immobilienpreise folgen irgendwann wieder Jahre fallender Immobilienpreise. Genau das ist seit rund drei Jahren der Fall: die Preise für Wohnimmobilien sind um rund 20 Prozent, die für Gewerbeimmobilien um rund 16 Prozent gefallen. Die von den Fondsgesellschaften veröffentlichten Anteilspreise steigen und fallen aber nicht parallel mit den Immobilienpreisen. Sie verschleiern dieses Risiko ebenso wie die in den Basisinformationsblättern veröffentlichten Risikokennzahlen, die bei anderen offenen Immobilienfonds sogar den niedrigsten Wert von 1 annehmen.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist der Auffassung, dass nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte (PRIIP-Verordnung) ein Risikoindikator von 6 hätte angegeben werden müssen. Laut Jahresbericht der ZBI vom 30. September 2023 werden die Immobilien nach Erwerb mit dem arithmetischen Mittel der von zwei Gutachtern ermittelten Verkehrswerte angesetzt, und zwar lediglich alle drei Monate. Für eine Risikoeinstufung von 2 ist aber gesetzlich gefordert, dass die Werte mindestens monatlich ermittelt werden, wenn es keine geeignete Benchmark und keinen geeigneten Stellvertreter gibt, deren Preise mindestens monatlich ermittelt werden (Delegierte Verordnung (EU) 2017/653 der Kommission vom 8. März 2017, Anhang 2, Teil 1, Ziffer 4c in Verbindung mit Ziffer 8).
„Sollten die Gerichte unserer Auffassung folgen, können betroffene Anlegerinnen und Anleger Schadenersatz verlangen, wenn sie glaubhaft machen können, dass sie den Immobilienfonds nicht gekauft hätten, wenn im Basisinformationsblatt eine Risikokennzahl von 6 angegeben worden wäre“, so Nauhauser.
Forderung an die Bafin
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg fordert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf, ihre aktuelle Aufsichtspraxis zu überprüfen und irreführende Risikoeinstufungen zu unterbinden.