Nicht nur bei Strom und Gas oder beim Einkauf im Supermarkt, auch bei der Geldanlage wollen immer mehr Verbraucher:innen nachhaltig handeln. Anbieter nutzen dies aus und bewerben ihre Finanzprodukte als klimafreundlich und nachhaltig mit „messbarer“ Wirkung, unter anderem in Bezug auf CO2 Einsparungen. Sie müssen zwar über die dazu verwendeten Berechnungsmethoden informieren, wie die jüngste Klage der Verbraucherzentrale gegen die Commerz Real AG gezeigt hat, doch solange der Gesetzeber keine objektiv nachprüfbare Berechnungsmethode vorgibt, können sich Verbraucher:innen auf Wirkungsversprechen nicht verlassen.
Die Commerz Real AG warb für den Fonds klimaVest mit einer „messbaren“ ökologischen Wirkung und argumentierte, dass der Fonds schließlich u.a. in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer und damit „messbarer“ Ener-gien investiere. Weil die Werbung ohne überprüfbare Erläuterungen aus Sicht der Verbraucherzentrale irreführend war, leitete sie rechtliche Schritte gegen die Bank ein. Nun entschied das Landgericht Stuttgart, dass die an-gegriffene Werbung irreführend sei, weil die Commerz Real nicht hinreichend über die Methode der Berechnung der beworbenen Wirkung aufgeklärt habe. Zur Beseitigung der Irreführung reicht es dem Gericht allerdings aus, wenn die Commerz Real in räumlicher Nähe zu der Werbeaussage nun ihre Berechnungen erläutert. Dem Urteil folgend darf sie dann weiterhin von einer „messbaren“ ökologischen Wirkung in Form einer CO2-Vermeidung sprechen.
„Mit der Formulierung messbar suggeriert die Commerz Real allerdings, dass die beworbene Wirkung eben gerade nicht geschätzt, also mittels ei-ner beliebigen Berechnungsmethode gemutmaßt wird“, so Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, „Messbar bedeutet aus unserer Sicht vielmehr, dass die Wirkung mittels einer anerkannten Berechnungsmethode objektiv nachprüfbar ermittelt wird“. Eine solche Berechnungsmethode existiert allerdings bisher nicht. Und die Erfahrung der Verbraucherzentrale zeigt: Anbieter passen nach Urteilen oder Abmahnungen zwar ihre Werbung an. Verbraucher:innen haben am Ende aber immer noch keine Gewissheit darüber, welche nachhaltige Wirkung ihr Investment tatsächlich hat. Daran ändert auch das Urteil gegen die Commerz Real nichts.
Gesetzliche Regelung nötig
Die Verbraucherzentrale sieht daher den Gesetzgeber in der Pflicht, verbindliche und vergleichbare Regeln für die Berechnung von eingesparten Emissionen zu etablieren: „So wie Verbraucher:innen heute Geldanlagen anhand des Zinssatzes vergleichen können, sollten diese auch anhand nachgewiesener nachhaltiger Wirkung verglichen werden können. Kann die Wirkung nicht nachgewiesen werden, sollte damit auch nicht geworben werden dürfen“, macht Nauhauser deutlich. „Die gesellschaftlich gewollte Transformation hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft kann nur von Verbraucher:innen unterstützt werden, wenn drin ist was drauf steht. Alles andere ist Augenwischerei.“
Weitere Infos:
- Die nächste Verhandlung in Sachen Greenwashing findet am Freitag, 10. März, 10 Uhr, vor dem Landgericht Frankfurt a.M. statt (AZ 3-10 O 83/22). Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat Klage gegen die DWS erhoben. Worum es geht, erklären wir hier: www.vz-bw.de/node/78104
- Infos zum Urteil gegen die Commerz Real AG: www.vz-bw.de/node/81764