In der letzten Zeit erhält die Verbraucherzentrale immer wieder Beschwerden von Verbrauchern zu verschiedenen Anbietern und Unternehmen, die versuchen, mit der Angst vor Corona Geld zu machen. Aber auch einzelne Privatpersonen und manche Einzelhändler wollen aus der Knappheit bestimmter, stark nachgefragter Produkten Profit erzielen.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gibt einen Überblick, welche Abzock-Maschen und Beschwerden ihr im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gemeldet werden. Verbraucher, denen eine neue Masche auffällt, können diese der Verbraucherzentrale melden.
Krank wegen dreckiger Terrasse?
Eine Steinreinigung aus Pforzheim wollte mit der Angst vor Corona Kasse machen und warb mit Steinreinigung gegen die Viren. Besonders dreist: Mit Warnungen wie „Stellen Sie sich vor, Sie haben Viren auf den Steinen. Und durch Kontakt übertragen Sie die diese auf Personen“ versucht die Firma Verbrauchern Angst zu machen, damit sie sich für die teure und unnötige Reinigung entscheiden.
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Schwarze Schafe im Notfall- und Handwerkerbereich sind hinlänglich bekannt, es war nur eine Frage der Zeit, bis die Branche auch die Angst vor Corona als Geschäftsmodell aufgreift. Auch bei diesem Anbieter deutet einiges auf unseriöse Abzocke hin: Unter der Anschrift und den angeblichen Inhaber lässt sich keine Steinreinigung finden und auch der Hinweis auf die Übertragung durch Steine ist reine Angstmache. Derzeit gibt es keine Hinweise, dass Menschen sich durch Kontakt mit kontaminierten Gegenständen mit dem Coronavirus infiziert haben. Zwar ist die Übertragung über Oberflächen denkbar, da die Viren in der Umwelt aber nur eine geringe Stabilität haben, ist das nur für einen relativ kurzen Zeitraum wahrscheinlich.
Angebliche Wundermittel gegen Corona?
Ein Onlineshop für Homöopathie, Naturheilkunde und fragwürdige esoterische Produkte bot Verbrauchern Natriumchlorit und Chlordioxid zur Trinkwasserdesinfektion an. Die Nutzerkommentare unter den Produkten ließen jedoch eher auf eine Einnahme zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältungen schließen. Außerdem bewarb der Anbieter diese und andere Produkte als bei „Corona-Virus besonders gefragte Produkte“. So entstand der Eindruck, dass diese Mittel gegen Corona helfen würden.
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Natriumchlorit und Chlordioxid werden auch unter dem Namen „Miracle Mineral Supplement“ im Internet als wahre Wundermittel gegen alle möglichen Krankheiten beworben. Doch Behörden warnen: Von der Einnahme von Natriumchlorit und Chlordioxid geht eine erhebliche Gesundheitsgefahr aus. Von der Verwendung ist dringend abzuraten! Aus unserer Sicht wäre der Anbieter daher verpflichtet gewesen, solche Kommentare sofort zu löschen. Die Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln in Verbindung mit dem Corona-Virus bewerten wir ebenfalls als nicht zulässig, da so bei Verbrauchern falsche Hoffnungen geweckt werden. Derzeit gibt es kein Medikament bzw. keinen Wirkstoff, der gegen Corona hilft oder vor einer Infektion schützen kann. Ein Hinweis der Verbraucherzentrale an die amtliche Lebensmittelüberwachung, in dessen Zuständigkeitsbereich der Onlineshop fiel, führte dazu, dass der Shop die Kommentare zur Einnahme der Desinfektionsmittel löschte und die Aufmachung änderte.
Klopapier nur ab 15 Euro?
Verbraucher, die in einem Einkaufszentrum lediglich eine Packung Klopapier kaufen wollten, wurden an der Kasse von der Verkäuferin darüber informiert, dass Klopapier nur ab einem Mindesteinkaufswert von 15 Euro gekauft werden könne. Da den Verbrauchern das Klopapier ausgegangen war und sie die Packung dringend benötigten, wurden sie so „gezwungen“, mehr einzukaufen, als sie eigentlich wollten.
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Durch den Run auf Klopapier stehen Kunden oft vor leeren Regalen. Das bringt manchen Händler auf fragwürdige Geschäftsideen: Klopapier jetzt nur noch bei einem Einkaufswert von mindestens 15 Euro zu verkaufen, ist nicht verbraucherfreundlich. Wer also nur eine Packung Klopapier benötigt und nichts Weiteres kaufen möchte, geht leer aus. Besonders Menschen, die nur ein geringes Einkommen haben und sparen müssen, werden durch solche Maßnahmen massiv benachteiligt.
Um die Verfügbarkeit für alle zu verbessern, kann es sinnvoll sein, die Abgabemenge zu beschränken. Auch wenn hierbei immer noch die Möglichkeit besteht, dass unsolidarische Hamsterkäufer einfach mehrmals Klopapier einkaufen oder verschiedene Familienmitglieder zum Einkaufen schicken. Händler sollten diese Situation jedoch nicht ausnutzen, um Profit daraus zu schlagen.
Mit Ingwerkonzentrat gegen Viren?
Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln beschwören gerne alle möglichen und unmöglichen Wirkungen ihrer Produkte. Auch das Corona-Virus ist inzwischen in der Branche angekommen. So ließ ein Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller noch bis vor kurzem unter der Website www.dr-feil.com ein „Immunpaket“ bewerben, bestehend aus 100 ml Ingwerextrakt und 90 Nährstoffkapseln mit Zink, Selen, Mangan, Vitamin D und Laktobakterien. Der Preis: 59,80 Euro. Auf dieser Seite behauptete Herr Dr. Wolfgang Feil unter der plakativen Überschrift „So stärken Sie sich gegen das Coronavirus“ unter anderem, dass Ingwerwirkstoffe „die Vermehrung des Virus im Körper sofort“ hemmen würden. In diesem Blog-Artikel wurde dann praktischerweise auch gleich auf das Immunpaket verlinkt (https://allsani.com/immunpaket). Geschäftsführerin der Komplementärin dieses Anbieters ist wiederum eine Frau Andrea Reichenauer-Feil. Ein Zufall?
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Wer sich ausgewogen ernährt, braucht in der Regel keine zusätzlichen Nahrungsergänzungsmittel und Pflanzenkonzentrate. Mehr noch: Diese Werbeaussagen für das Immunpaket, getarnt als pseudowissenschaftlicher Beitrag, sind aus Sicht der Verbraucherzentrale rechtswidrig. Denn: Lebensmittel dürfen nicht mit heilender oder krankheitsbezogener Wirkung beworben werden. Die Verbraucherzentrale hat dieses Vorgehen inzwischen abgemahnt. Das Fazit: Sowohl die Kapseln als auch das teure Ingwerextrakt sind völlig überflüssig. Wer Ingwer mag und gut verträgt, kann die frischen Knollen als Tee zubereiten oder Speisen damit würzen.
Im Notfall 2,5 Kilo Kekse?
Noch zu Beginn der Corona-Welle verkaufte ein Lebensmitteleinzelhändler in seinem Onlineshop sogenannte „Notfallpakete“, die Verbraucher 10 Tage lang versorge sollten. Doch die Zusammenstellung des Pakets war mehr als fragwürdigt: Unter anderem enthielt es e 2,5 Kilo Kekse, abgelaufene Schokolade und acht Dosen Fertiggerichte. Dafür aber nur vier Liter Wasser. Der Preis für das Paket: fast 90 Euro.
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Bei der Zusammenstellung der Lebensmittel fehlen vor allem Vitamine, außerdem reicht die Menge an Wasser für eine Person nur etwa zwei Tage. Für die beworbene Zeit sind Verbraucher mit diesem Paket also nicht besonders gut versorgt. Eher entsteht der Eindruck, dass der Händler die Lage ausnutzt, um unliebsame Lagerbestände loszuwerden. Verbraucher, die sich einen Notvorrat zulegen möchten, sollten sich besser selbst einen Vorrat zusammenstellen. So kann man auch eigene Vorlieben und Abneigungen oder Allergien besser beachten. Aktuelle Empfehlungen dazu gibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Fantasiepreise für knappe Waren
Mehrere Verbraucher meldeten überteuerte Preise bei Produkten wie Seife, Desinfektionsmittel und Klopapier, derzeit stark nachgefragte Waren. In manchen Fällen werden die Produkte auf Plattformen für Privatverkäufer und Fakeshops zu hohen Fantasiepreisen angeboten. Aber auch manche Einzelhändler scheinen mit der starken Nachfrage zusätzlich Geld machen zu wollen. So gab es beispielsweise Meldungen, bei denen auf den regulären Preis nun ein bis zwei Euro aufgeschlagen wurden. Im Einzelnen fällt das meist nicht auf, im Gesamten bedeuten die zusätzlichen Euros aber einen ordentlichen Gewinn. Besonders aufgefallen ist bei den Beschwerden ein Fachgeschäft für Büro- und Schreibwaren. Ein Verbraucher meldete, dass der Händler sein Sortiment spontan erweitert hatte und nun 8 Rollen Toilettenpapier zum Preis von 9,87 verkaufen wollte.
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Gerade bei Angeboten von Onlineshops oder von Privatpersonen sollten Verbraucher vorsichtig sein. Die Verbraucherzentrale vermutet, dass mehr und mehr Fake-Shops auf die Abzocke mit der Angst vor Corona aufspringen und versuchen, die aktuelle Lage für ihre Geschäfte zu nutzen. Im Zweifelsfall ist das Geld weg und die Lieferung bleibt aus. Im stationären Handel, ist die Sache für Verbraucher schwieriger. Es kommt zwar rechtlich auf den Einzelfall an und ist juristisch umstritten, aber: fast zehn Euro für acht Rollen Klopapier sind aus Sicht der Verbraucherzentrale vollkommen überzogen und Abzocke. Die Verbraucherzentrale wird solche Angebote auch weiterhin genau beobachten und wenn möglich dagegen vorgehen.
Sprühstöße fürs körpereigene Energiefeld
Ein Verbraucher berichtet zudem, dass ihm ein nicht zugelassenes Medikament für 33 Euro angeboten wurde. Angeblich sollte damit die Gefährlichkeit des Coronavirus reduzieren werden. Gedacht sei es – so die Aussage des Anbieters – für die Anwendung im „körpereigenen Energiefeld“. Bei Menschenansammlungen solle der Verbraucher einfach Sprühstöße in die Luft abgeben.
Die Einschätzung der Verbraucherzentrale: Derzeit gibt es noch kein Medikament das tatsächlich gegen Corona hilft. Verbraucher sollten bei entsprechenden Angeboten und Versprechen misstrauisch sein.