Mit dem Frühsommer beginnt die jährliche Messesaison mit zahlreichen Ausstellungen für allerlei Lebenslagen und Interessen. Doch nicht alle Aussteller sind transparent und fair wenn es um den Verkauf von Waren geht. Manche arbeiten mit allerlei Tricks für einen Vertragsabschluss. Lesen Sie hier mehr über Vertragsabschlüsse auf Messen und unter welchen Umständen Sie auch beim Messeeinkauf ein vierzehntägiges Widerrufsrecht haben.
Das Wichtigste in Kürze:
- Auf Messen geschlossene Verträge können zwar unter gewissen Umständen widerrufen werden – die Rechtslage ist jedoch sehr kompliziert.
- Teilzahlungsverträge können grundsätzlich widerrufen werden.
- Besser ist es, davon auszugehen, dass Verträge nicht widerrufen werden können. Seien Sie deshalb sehr wachsam bei Abschlüssen.
Häufig werden regionale Verkaufsausstellungen und Wirtschaftsschauen als „Verbraucherausstellungen“ gekennzeichnet. In unserer Beratung müssen wir jedoch oft feststellen, dass diese Veranstaltungen nicht besonders verbraucherfreundlich sind und Verbraucher mit allen möglichen Tricks zu einem Vertragsschluss geführt werden. Gerne würden diese Verbraucher solche Verträge wieder rückgängig machen – wissen meist aber nicht wie. Während bei Geschäften außerhalb des Geschäftsraums ein Widerrufsrecht gilt, stellt sich bei Messen die Frage, ob dieses Recht hier auch greift. Denn die Rechtslage ist kompliziert. Knackpunkte sind die juristische Beurteilung eines Geschäftsraums und die Umstände im Einzelfall.
Ein Widerruf für auf Messen geschlossene Verträge ist grundsätzlich möglich, aber an verschiedene Voraussetzungen gebunden. Was beispielsweise ein „Geschäftsraum“ ist – und somit Voraussetzung für das Widerrufsrecht – ist im Einzelfall von Faktoren wie Erscheinungsbild des Standes, Informationen über die Messe und anderen Details abhängig.
Was für Vertragsabschlüsse auf Messen gilt:
- Auf Messen abgeschlossene Verträge fallen in den Anwendungsbereich der sogenannten Außergeschäftsraumverträge, sofern es sich bei dem Messestand um einen nur vorübergehenden Geschäftsraum handelt, in dem der Unternehmen seine Tätigkeit nur unregelmäßig ausübt. Dem Verbraucher steht dann grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. § 355 BGB zu.
- Vertreiben Unternehmen ihre Waren hingegen ausschließlich oder regelmäßig auf Messen, müssen Sie davon ausgehen, dass es sich bei dem Messestand um deren (beweglichen) Geschäftsraum handelt, in denen sie ihre Tätigkeit für gewöhnlich ausüben, so dass kein Widerrufsrecht besteht. Entscheidend ist nach der bisherigen Rechtsprechung, ob der Verbraucher beim Kauf mit einer rechtsgeschäftlichen Tätigkeit rechnen konnte oder ob er überrumpelt wurde. Wird Ihnen beispielsweise auf einer Reisemesse ein Staubsauger angedreht, wäre das ein Fall von Überrumpelung.
Auch ein aktuelles Urteil des EuGH konnte nicht zur Erhellung des Sachverhaltes beitragen: Nach Auffassung des EuGH (Urteil v. 07.08.2018, Az. C-485/17) sind für die Beurteilung der Frage, ob es sich um einen Messestand handelt, folgende Überlegungen entscheidend: Konnten Sie als durchschnittlich informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher aufgrund der tatsächlichen Umstände rund um diese Tätigkeit – insbesondere des Erscheinungsbilds des Messestands sowie der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen – damit rechnen, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und Sie anspricht, um einen Vertrag zu schließen? Dabei ist es laut EuGH egal, dass der Unternehmer die Tätigkeit nur wenige Tage im Jahr ausübt.
- Wenn Sie eine Ratenzahlung vereinbart haben, bei der für das Hinausschieben des Zahlungsziels Kosten anfallen, können Sie den Vertrag grundsätzlich widerrufen (§§ 491, 495, 355 BGB.)
Ratschlag oder Faustregel für Verbraucher auf Messen
Gehen Sie bei einem Messekauf davon aus, dass ein Widerrufsrecht in der Regel nicht gegeben ist. Das beutet: besondere Vorsicht beim Vertragsschluss auf Messen!
Seriöse Verkaufsmessen lassen deutlich erkennen, welche Waren in welcher Umgebung verkauft werden, um Überrumpelungen auszuschließen. Das sollte sich auch aus dem Namen der Messe, der Bewerbung in der Presse und der Existenz eines Hallenbelegungsplanes erschließen. Auf einer Freizeitmesse werden üblicherweise keine Staubsauger verkauft werden!
Unter den Anwendungsbereich der Außergeschäftsraumverträge fallen auch Verträge, bei denen der Verbraucher unmittelbar vor Vertragsschluss außerhalb des Geschäftsraums angesprochen wurde und der Vertrag dann im Geschäftsraum des Unternehmers abgeschlossen wird (§ 312b Nr. 3 BGB.)
Für Messen bedeutet das: Auch, wenn es sich beim Messestand selbst um einen Geschäftsraum des Unternehmers handelt, sollte Ihnen ein Widerrufsrecht zustehen, wenn Sie vom Unternehmer in einiger Entfernung des Messestandes persönlich angesprochen und dann zum Messestand geführt werden, um dort den Vertrag abzuschließen.
Fazit:
Es ist kompliziert: Die Materie Messekauf ist rechtlich als auch beweisrechtlich schwierig. Gerade deshalb sollten Sie bei Ihrem nächsten Messebesuch besonders darauf achten, sich nicht „einwickeln“ zu lassen. Denn Sie haben kein generelles Verbraucherwiderrufsrecht auf Messen.